Wer auf der A2 in Richtung Basel fährt, kennt das Nadelöhr: Bei der Verzweigung Hagnau steht man nicht nur am Feierabend oft im Stau. Viele weichen auf Kantons- und Gemeindestrassen aus und sorgen dort für Ärger.
Heute haben wir fast täglich Stau, wenn die Autobahn überlastet ist.
Auf den Schleichwegen in den Ortschaften kommt man zeitweise kaum mehr vorwärts, auch zu Fuss und per Velo. «Heute haben wir fast täglich Stau, wenn die Autobahn überlastet ist», sagt die Birsfelder Gemeinderätin Désirée Jaun.
Birsfelden will diesen Ausweichverkehr nun abklemmen, und zwar mit automatischen Durchfahrtskontrollen – rund um die Uhr auf fast allen Gemeindestrassen in Fahrtrichtung Basel. Dorthin wollen viele Ausweichende.
Wer unbefugt auf eine Gemeindestrasse einbiegt, bekommt künftig eine Busse von 100 Franken zugeschickt. Freie Fahrt haben Einheimische, Linienbusse, Taxis, Blaulicht-Fahrzeuge und ein paar Ausnahmen; die Autonummern aller Berechtigten sind gespeichert.
Flächendeckend wären wir die ersten in der Schweiz.
Wenn am 1. Juli 2025 die Kameras eingeschaltet werden, ist das eine Premiere in der Schweiz. Kamera-Überwachung gibt es zwar schon in vielen Parkhäusern und punktuell bei Fahrverboten, zum Beispiel an der Zürcher Langstrasse.
Birsfelden gehe aber weiter, sagt Gemeinderätin Désirée Jaun: «Mit der flächendeckenden Einführung sind wir unseres Wissens die erste Gemeinde in der Schweiz.» Das nötige Reglement soll die Gemeindeversammlung dann im April absegnen.
Die Kameras erfassen laut Gemeinde nur die Autonummern, keine Gesichter. Jaun verspricht Zurückhaltung: Der Kreis der Personen mit Zugriff auf die Daten sei sehr klein, nach der Bearbeitung würden diese sofort gelöscht und es gehe nicht um Überwachung: «Es ist sichergestellt, dass keine Verbindung hergestellt wird, wer wann wo durchfährt.»
Stimmberechtigte klar dafür
Die Gemeindeversammlung sagte Mitte Dezember klar Ja zur Investition von 490'000 Franken für das System. «Ich bin begeistert: eine innovative, gute Idee», brachte ein Votant die Stimmung auf den Punkt.
Fast eine halbe Million Franken klingt nach viel für eine Gemeinde mit knapp 11'000 Einwohnenden, doch mit dem neuen System kann sich Birsfelden über 100'000 Franken im Jahr für eine bisher beauftragte private Sicherheitsfirma sparen. So rentiert das nach fünf Jahren.
Diese Firma winkt seit acht Jahren an den einschlägigen Kreuzungen Auswärtige weg, die das bisherige temporäre Fahrverbot auf Gemeindestrassen ignorieren wollen – das sind viele. Büssen darf jedoch nur die Gemeindepolizei, und deren Kapazitäten sind begrenzt. Darum soll künftig automatisiert konsequent gebüsst werden, um die Anwohnende zu schützen.
Eine halbe Million Bussen-Einnahmen
Entsprechend dürften mehr Bussengelder anfallen. Désirée Jaun beziffert die geschätzten Mehreinnahmen daraus hoch: «Das kann schnell einmal bis zu einer halben Million werden.» Die Bussen deckten den Betriebsaufwand, sollten aber nicht die Gemeindefinanzen sanieren. «Wenn sich die Leute an die Regelung halten, gibt es keine Bussen-Einnahmen.»
Ob das System funktioniert, also Schleichverkehr abklemmt und auch Einnahmen generiert, dürfte viele Schweizer Gemeinden interessieren. Die Nachbargemeinde Muttenz jedenfalls will genau hinschauen und allenfalls später nachziehen. Dort würde es allerdings teurer, weil mehr Strassen einbezogen werden müssten als in Birsfelden.