Bald entscheidet das Schweizer Stimmvolk darüber ab, ob die Haltung von Rindern mit Hörnern finanziell honoriert werden soll. Kälbern den Hornansatz abbrennen sei schmerzhaft und unethisch, argumentiert die Hornkuh-Initiative unter anderem.
Allerdings verliert das Argument zunehmend an Bedeutung, denn immer mehr Tiere sind genetisch hornlos, bilden also gar nie Hörner aus. Einzelne Kuhrassen wie Angus oder Galloway sind bereits praktisch zu 100 Prozent hornlos. Doch auch bei anderen Rassen nimmt der Anteil an genetisch hornlosen Tieren zu.
Samu PP – Stier, 18 Monate, hornlos
Ein vielversprechendes Beispiel für diesen Trend ist der 18 Monate alte Fleckvieh-Stier Samu PP von der Besamungsstation von Swissgenetics im aargauischen Mülligen. Der junge Zuchtstier verspricht ein Star im Angebot der grössten Schweizer Anbieterin von Rindersperma für die künstliche Befruchtung zu werden.
«Samu PP ist unser erster homozygoter hornloser Swiss-Fleckvieh-Stier. Er wird zu 100 Prozent hornlose Nachkommen zeugen», erklärt Samuel Krähenbühl, Teamleiter Produkteentwicklung.
Einfachere Haltung als gewichtiger Grund
Das Samu PP keine Hörner hat, schätzt nicht zuletzt Stierpfleger Leo Grünenfelder, der das recht wilde und fast eine Tonne wiegende Tier mit einer am Nasenring befestigten Eisenstange kontrollieren muss.
Die Unfallgefahr durch Hornstösse und die gegenseitigen Verletzungen der Kühe bei Rangkämpfen in den Laufställen sind der Hauptgrund, warum die grosse Mehrzahl der Bauern hornloses Rindvieh hält. Meist aber sind es aber noch Tiere, die von Natur aus Hörner hätten und entsprechend enthornt wurden – eine schmerzhafte Prozedur für die Kälber und eine unangenehme Arbeit für die Halter. Heute hat nur noch jede zehnte Kuh Hörner. Rinder ohne Hornansatz wären also ein Fortschritt.
Eine gute Zucht braucht Geduld
Bei den Red Holsteinern und dem Swiss Fleckvieh seien hornlose Stiere ihren behornten Konkurrenten schon fast ebenbürtig, weiss Richard Schmid, Leiter der Besamungsstation Mülligen. Beim Original Braunvieh und auch bei den Simmenthalern sei man aber noch ganz am Anfang: «Es braucht Generationen, um einen richtig guten Stier hervorzubringen.» Alles basiere eben auf Zucht und habe nichts mit Gentechnologie zu tun.
Noch kommt deshalb erst ein sehr kleiner Teil der Rinder in der Schweiz hornlos zur Welt, doch ihr Anteil steige rasant, ergänzt Krähenbühl: «Wenn zwei Stiere ebenbürtig sind, entscheiden sich Bauern schon eher für den hornlosen.»
Prachtsstiere wie Samu PP zum Beispiel. Sein Samen lagert bereits bei minus 196 Grad Celsius in den Stickstofftanks von Mülligen. Gut möglich also, dass in den nächsten Jahren tausende Nachkommen von ihm zur Welt kommen – alle von Geburt an ohne Hörner.