Für den Wald ist nicht der aktuelle Sommer extrem. Der Sommer 2018 war es. Damals regnete es kaum, es war sehr trocken. Die Folge der Dürre war, dass viele Bäume, insbesondere Buchen aber auch Fichten, stark unter der Trockenheit litten. Vielerorts verfärbte sich das Laub der Bäume bereits Mitte Sommer herbstlich, zahlreiche Bäume gingen ein.
Dieses Jahr zeigt der Wald ein ganz anderes Gesicht: «Das Kronendach ist grün – ein sattes, kräftiges Grün», sagt Bruno Röösli. Die Farbe des Waldes sei Ausdruck der vorhandenen Feuchtigkeit, sagt der diplomierte Forstingenieur und Leiter der Abteilung Wald beim Kanton Luzern. «Erstmals seit mehreren Jahren gibt es genügend Wasser im Boden.»
Das Kronendach ist grün – ein sattes, kräftiges Grün.
Den positiven Effekt des vielen Regens bestätigt grundsätzlich auch Roman Zweifel von der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf. Der Ökophysiologe erforscht die Wechselwirkung von Wäldern und Klima.
Um den Zustand des Waldes zu beurteilen, stützt er sich auf zwei Messwerte: die Versorgung der Bäume mit Wasser und ihr Wachstum. Der erste Wert sei in der ganzen Schweiz gut, sagt Zweifel. Doch beim Wachstum seien die Werte weniger einheitlich, die Bäume würden dieses Jahr nicht viel mehr wachsen als im Schnitt der letzten zehn Jahre.
Die Bäume profitieren auch nächstes oder sogar übernächstes Jahr noch von der aktuell feuchten Periode.
Das Wachstum sei ein guter Indikator dafür, wie gut es einem Baum grundsätzlich gehe. Einfach gesagt: Wenn der Baum wächst, geht es ihm gut. Das heisse aber nicht, dass der Umkehrschluss auch richtig sei, sagt Zweifel. «Bäume in höheren Lagen oder im trockenen Wallis wachsen grundsätzlich sehr wenig und sind trotzdem fit.»
Bäume reagieren langsam
Die Sache ist also etwas komplizierter. Das liegt auch daran, dass die Bäume auf Trockenheit oder Regenperioden nicht unmittelbar reagieren. Deshalb ist Zweifel auch nicht überrascht, dass sich der viele Regen noch nicht deutlicher auf das Baumwachstum ausgewirkt hat. Man wisse, dass das Stammwachstum der Bäume stark von den Vorjahren abhängig sei. Die trockenen letzten Jahre wirken also nach.
Denselben Effekt bewirken aber auch nasse Jahre, sagt Baumforscher Zweifel. «Die Bäume profitieren also noch nächstes oder sogar übernächstes Jahr von der aktuell feuchten Periode.» Der nasse Sommer 2021 dürfte sich in den Wäldern also im nächsten Jahr positiv bemerkbar machen, wenn die Baumstämme kräftiger wachsen.
Schon jetzt darf man sich aber am satten Grün des Laubes freuen, denn diesbezüglich profitiert der Wald schon in diesem Jahr vom nassen Wetter.