- Das im Juli in Kraft getretene neue Grenzgängerabkommen zwischen der Schweiz und Italien ist im Tessin bereits spürbar.
- In der Gastronomie und Industrie im Tessin bewerben sich deutlich weniger Personen aus Italien als zuvor.
Massimo Suter, Präsident von Gastro Ticino, bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA einen Bericht des «Corriere del Ticino», wonach es in der Gastronomie zu einem Rückgang der Bewerbungen um zwischen 30 und 50 Prozent gekommen ist.
Vor dem Inkrafttreten des neuen Abkommens – also bis zum 16. Juli – habe es einen regelrechten «Run» auf Arbeitsverträge gegeben, erklärte Suter weiter. Der Grund: Wer sich vor dem 17. Juli in der Schweiz anstellen liess, konnte noch von den alten Konditionen beziehungsweise einem Übergangsregime profitieren.
Auch in der Industrie starke Abnahme
Auch in der Tessiner Industrie haben die Bewerbungen aus Italien im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 50 Prozent abgenommen. Dies habe eine Umfrage bei mehreren Dutzend mittelständischen Betrieben ergeben, sagte der Direktor des Tessiner Industrieverbandes, Stefano Modenini, auf Anfrage von Keystone-SDA. Er befürchte, dass sich die Situation noch verschlechtern werde.
Neben dem neuen Steuerabkommen führen laut Modenini zwei weitere Faktoren zu einer veränderten Haltung in der Arbeitssuche der Grenzgänger: Erstens trage die negative demografische Entwicklung dazu bei, dass Italiener eher in ihrem Heimatland Arbeit suchten. Zweitens habe die jüngere Generation eine andere Einstellung zu Arbeit und bewerbe sich vorwiegend auf Teilzeitstellen.
Nach dem neuen Abkommen behält die Schweiz 80 Prozent der Quellensteuern, die auf das Einkommen von italienischen Grenzgängern erhoben werden. Die neuen Grenzgänger werden auch im Wohnsitzstaat ordentlich besteuert, und dieser soll eine Doppelbesteuerung beseitigen.
Im alten, von 1974 stammenden Abkommen wurden Grenzgänger nur in der Schweiz besteuert, wobei Italien 38.8 Prozent der Quellensteuer zustanden. Für Personen, die zwischen Ende Dezember 2018 und dem Datum des Inkrafttretens des Textes in den Kantonen Tessin, Graubünden und Wallis gearbeitet haben, gilt eine Übergangsregelung.
Dem neuen Abkommen zufolge gelten als Grenzgänger Menschen, die in einem Umkreis von 20 Kilometern zur Grenze wohnen und grundsätzlich täglich an ihren Wohnort zurückkehren. Diese neue Definition gilt für alle Grenzarbeitnehmenden ab dem Inkrafttreten des Abkommens.