- Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (SP) will die Anforderungen für humanitäre Visa herabstufen.
- Der vorausgesetzte Bezug zur Schweiz sei wohl eine zu grosse Hürde, sagte die Bundesrätin im Interview mit SRF in der «Samstagsrundschau».
- Allerdings müsse sie die Pläne zuerst mit dem Bundesrat besprechen und generell ausloten, was rechtlich und politisch in diesem Bereich machbar sei, sagte Baume-Schneider weiter.
«Vielleicht kann man die Grenze des Möglichen ein wenig verschieben», so die Justizministerin. Humanitäre Visa ermöglichen es gefährdeten Personen, legal in die Schweiz einzureisen, um Asyl zu beantragen.
Voraussetzung ist laut dem Staatssekretariat für Migration (SEM), dass die Person unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. Auch Kriterien wie das Bestehen von Bindungen zur Schweiz und bestehende Integrationsaussichten würden eine Rolle spielen.
Mehr Plätze, mehr Integration
Unabhängig von den humanitären Visa rechnet Baume-Schneider damit, dass die Asylzahlen gegen Herbst zunehmen werden, wie sie weiter ausführte.
Die Zahl der Asylsuchenden ist zwölf Prozent höher als im Vorjahr.
Wenn man sich auf der Strasse umschaue, denke man, es sei kein so wichtiges Problem. «Aber man muss sehen: Bereits jetzt sind die Zahlen zwölf Prozent höher als im Vorjahr.» Das Gegenargument: Im Moment sind die Bundesasylzentren erst zur Hälfte ausgelastet. Aber: «Im Herbst werden viele Asylsuchende kommen.» Dann müsse man eine Lösung haben. Politik müsse vorausschauend sein, hält Baume-Schneider dagegen.
Ihre Pläne, Asylsuchende in Containern auf Armeeanlagen unterzubringen, erlitten indes einen Rückschlag: Der Ständerat lehnte den Finanzierungskredit zur Schaffung von Containern für 3000 Menschen ab. «Alle Leute denken, man muss eine Lösung finden, aber vielleicht nicht ganz in meiner Nähe.» Die Bundesrätin hofft nun auf eine Kompromisslösung, welche die Schaffung von 1500 Plätzen vorsieht.
«Damit es mit der wachsenden Zahl an Asylsuchenden etwa aus Afghanistan keine grösseren Probleme gibt, braucht es zudem verstärktes Engagement in Integration und Bildung», so Baume-Schneider weiter. Dazu solle 2024 ein Konzept erarbeitet werden.
Baume-Schneider trägt Verschärfung mit
Während die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements also in der Schweiz für Lockerungen, Unterbringungsmöglichkeiten und Integration kämpft, bekräftigte sie ihre Unterstützung zur Asylrechtsverschärfung, welche die EU-Innenministerinnen und EU-Innenminister am Donnerstag im Grundsatz beschlossen haben. Denn «das Asylsystem, wie es in Europa seit einigen Jahren ist, hat gezeigt, dass es aktuell nicht die richtigen Antworten hat», sagte Baume-Schneider.
Das Abkommen ermöglicht eine gerechtere Verteilung der Asylsuchenden.
Dabei betonte Baume-Schneider vor allem, dass es gelungen sei, einen Kompromiss auszuhandeln und das Abkommen eine gerechtere Verteilung der Asylsuchenden in Europa ermögliche.
Werden die Menschenrechte eingehalten?
Das Abkommen ist aber nicht unbestritten. Linke kritisierten die Vereinbarung etwa, weil sie vorsieht, Migrantinnen und Migranten ohne Bleiberechtsperspektive an der EU-Aussengrenze unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend abgewiesen werden.
Deutschland beantragte vergebens, Familien von diesem Regime auszunehmen. Baume-Schneider liess offen, ob sie diesen Antrag unterstützte. Sie sagte aber, dass es europäische Standards brauche, die in diesen Aufnahmeeinrichtungen eingehalten werden müssten.