- Die Regierungs-Statthalterin des Berner Juras annulliert das Ergebnis der Abstimmung vom 18. Juni 2017.
- Nach Stéphanie Niederhausers Entscheid ist die Zukunft wieder offen. Die Abstimmung muss wiederholt werden.
- Beide Parteien haben bereits früher angekündigt, die Beurteilung der Abstimmung allenfalls bis vor Bundesgericht zu ziehen.
- In einer ersten Reaktion bezeichnet der Generalsekretär des Mouvement autonomiste jurassien (MAJ) den Beschluss als «politischen Entscheid».
Die Statthalterin Stéphanie Niederhauser hiess mehrere Beschwerden gegen die Abstimmung vom 18. Juni 2017 gut. Der Urnengang ist demnach ungültig.
Sieben Abstimmungsbeschwerden musste die Regierungsstatthalterin beurteilen. Vier davon wurden schon vor dem Abstimmungssonntag eingereicht. Drei weitere Beschwerden gingen nach dem Urnengang ein.
In einer Mitteilung begründet Niederhauser ihren Entscheid in erster Linie mit dem Verhalten der Gemeinde Moutier und des Stadtpräsidenten von Moutier vor der Abstimmung vom 18. Juni 2017.
Unzulässige Propaganda durch lokale Behörden
Die Behörden von Moutier hätten zwar durchaus das Recht, vor einer solchen Abstimmung Stellung zu beziehen. Doch habe eine Behörde verhältnismässig, objektiv und transparent zu sein. Im vorliegenden Fall könnten die Auftritte der lokalen Behörden aber gleichgesetzt werden mit unzulässiger Propaganda. Sie seien geeignet gewesen, die Wählerschaft in die Irre zu führen.
Dieser Punkt allein würde genügen, um die Abstimmung über den Wechsel von Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura aufzuheben, sagt Niederhauser weiter. Denn das Bundesgericht habe kürzlich hohe Anforderungen an eine objektive, transparente und verhältnismässige Behördenkommunikation vor Abstimmungen formuliert.
Das Plebiszit hätte auch anders ausgehen können
Im Fall der kommunalen Abstimmung vom Juni 2017 kämen aber weitere Unregelmässigkeiten dazu. Niederhauser spricht von Abstimmungstourismus, fiktiven Wohnsitzen und «gravierenden Mängeln» in der Abstimmungsorganisation. Alles in allem könne sie deshalb nicht ausschliessen, dass ohne die erwähnten «gewichtigen Mängel» ein anderes Abstimmungsresultat herausgekommen wäre.
Das letzte Wort ist so oder so noch nicht gesprochen. Sowohl Pro-Berner als auch Pro-Jurassier hatten bereits im Vorfeld gekündigt, einen missliebigen Entscheid zunächst ans bernische Verwaltungsgericht und danach auch ans Bundesgericht weiterzuziehen.
Später am Morgen hat sich dann auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga zu Wort gemeldet und die Region zur Ruhe aufgerufen.
Allfällige Beschwerden abwarten
Die Bundesrätin hoffe, dass die Aufhebung des Moutier-Urnengangs von 2017 in der Region «mit Fassung aufgenommen wird».
Im Communiqué steht auch, dass Sommaruga noch in diesem Monat zusammen mit der bernischen und der jurassischen Kantonsregierung den Entscheid der Regierungsstatthalterin des Berner Juras vertieft prüfen will. Dies im Rahmen der nächsten sogenannten «Tripartiten Konferenz», also einem Treffen von Bund mit Vertretern der beiden Kantone.
Bevor die politischen und rechtlichen Konsequenzen gezogen werden könnten, müsse abgewartet werden, ob gegen den Entscheid der bernjurassischen Statthalterin Beschwerde eingereicht werde, heisst es in der Mitteilung weiter.
Gegen die Gutheissung mehrerer Rekurse gegen das Abstimmungsresultat von Juni 2017 kann der Gemeinderat von Moutier beim bernischen Verwaltungsgericht Beschwerde einreichen. Dessen Entscheid kann vor Bundesgericht angefochten werden.
Die Stimmberechtigten von Moutier hatten sich im Juni 2017 für den Wechsel zum Kanton Jura ausgesprochen. Den Ausschlag gab eine knappe Mehrheit von 137 Stimmen.
Der Disput um die Zugehörigkeit der Stadt Moutier währt nun bereits seit 1979.