Zum Inhalt springen

Volksinitiativen eingereicht Ungünstiges Timing der Mitte-Partei

Knapp einen Monat ist es her, dass die 13. AHV-Rente an der Urne angenommen wurde. Die AHV-Renten steigen damit ab 2026 um 8,3 Prozent. Kostenpunkt: vier bis fünf Milliarden Franken jährlich. Jetzt reicht die Mitte-Partei eine weitere Volksinitiative ein, die noch einmal eine Erhöhung der AHV-Renten verlangt, allerdings nur für Verheiratete.

Ehepaare sollen künftig Anspruch auf zwei volle AHV-Renten haben. Heute ist die Ehepaarrente auf das Anderthalbfache einer einzelnen Rente begrenzt. Das Ansinnen der Mitte würde also einen weiteren Ausbau der AHV bringen und wie schon die bereits beschlossene Rentenerhöhung viel kosten: etwa drei Milliarden Franken wären es diesmal.

AHV-Ausbau und Steuern: Konkurrenz war schneller

Mit Blick auf die bereits vom Stimmvolk beschlossene 13. Rente scheint der Zeitpunkt für einen weiteren Ausbau der AHV wenig aussichtsreich. Die Gewerkschaften waren mit ihrer Initiative schlicht schneller als die Mitte.  Dasselbe gilt bei den Bundessteuern. Die Mitte schlägt vor, dass künftig parallel zwei Steuerberechnungen gemacht werden: einmal für Verheiratete, einmal, als wäre das Paar unverheiratet. In Rechnung gestellt würde der tiefere der resultierenden Beträge.

Auch hier ist die Konkurrenz aber bereits weiter: Eine Volksinitiative der FDP Frauen will zur Beseitigung der Heiratsstrafe bei den Bundessteuern die Individualbesteuerung einführen. Der Bundesrat hat sich inhaltlich bereits für die Idee ausgesprochen. Die Mitte versucht, das Thema der Steuer- und Familienpolitik mit dem eigenen Vorschlag nicht aus der Hand zu geben. Aber auch hier ist sie spät dran.

Zwar kann eine Partei die Termine für Abstimmung und Einreichung nur begrenzt selbst steuern. Und bis über die neu eingereichten Initiativen an der Urne abgestimmt wird, wird es noch Jahre dauern. Aber es ist nicht das erste Mal, dass die Mitte ein unglückliches Händchen zeigt beim Gestalten der politischen Agenda.

Ehe-Definition: vom Zeitgeist überholt

Bereits 2016 wurde eine CVP-Initiative «gegen die Heiratsstrafe» an der Urne knapp abgelehnt (50,8 % Nein-Stimmen). Sie war das Vorgänger-Projekt der heute eingereichten Initiativen. Das Bundesgericht annullierte später die Abstimmung, weil der Bundesrat im Abstimmungsbüchlein mit falschen Zahlen operiert hatte.

Vor der zweiten Abstimmung hat die Mitte das Projekt allerdings zurückgezogen. Im Initiativtext von 2018 war eine Definition der Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau enthalten. Die «Ehe für alle» jedoch war da längst mehrheitsfähig, und genoss auch in der mittlerweile zur Mitte verheirateten CVP und in der BDP Sympathien. Die Ehe-Definition war überholt.  

Gesundheitskosten: Agenda auch im Juni anspruchsvoll

Auch im Juni hält die Agenda Herausforderungen bereit. Es kommen zwei Initiativen zur Abstimmung, die etwas gegen die stetig steigenden Gesundheitskosten unternehmen wollen. Eine Initiative lancierte die Mitte, die andere die SP.

Jene der SP verlangt einen Kostendeckel für Prämien im Haushaltsbudget. Wird er überschritten, müssten Prämienverbilligungen gesprochen werden. Die Initiative der Mitte ist abstrakter formuliert: Sie verlangt, dass Massnahmen ergriffen werden, sobald die Krankenkassen-Prämien deutlich stärker steigen als die Löhne.

Wer Handlungsbedarf sieht, dürfte eher der konkreteren Forderung der SP zustimmen. Und die Unterstützung für die Mitte-Initiative ist auch deshalb überschaubar, weil die Partei mit der SP keine taktische Allianz eingegangen ist zur gegenseitigen Unterstützung.  

Für die Mitte sind Volksinitiativen ein recht neues Instrument im politischen Werkzeugkasten. Das äussert sich auch in fehlender politischer Routine. Den Forderungen der Mitte mag man zustimmen. Aber wenn sie nicht im richtigen Moment auf den Tisch kommen, starten sie mit einem Handicap in den politischen Wettbewerb.

Matthias Strasser

Inlandredaktor

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Matthias Strasser ist Inlandredaktor und seit 2019 für Radio SRF tätig. Davor hat der Historiker als Bundeshauskorrespondent für private Radiostationen berichtet. Seine Fachgebiete sind Europapolitik, Verkehr und Migration.

Video
Archiv: «Heiratsstrafe»: Eckwerte zur Individualbesteuerung
Aus Tagesschau vom 30.08.2023.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 49 Sekunden.

SRF 4 News, 27.03.2024, 11 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel