Nach 12 Jahren im Bundesrat wechselt Doris Leuthard nun die Seiten – von der Politik in die Privatwirtschaft. Damit geht sie einen Weg, den viele Bundesräte nach ihrer Amtszeit gehen. Und die ehemaligen Magistraten sind gefragt.
Sicher hat man mit einem ehemaligen Bundesrat eine erhöhte Aufmerksamkeit. Es ist eine Form des Marketings.
Für einen Verwaltungsrat sind alt Bundesräte in erster Linie wegen ihres Netzwerkes interessant, meint Silvan Felder, Geschäftsführer der Verwaltungsrat Management AG. «Sicher hat man mit einem ehemaligen Bundesrat eine erhöhte Aufmerksamkeit. Es ist eine Form des Marketings. Man erhofft sich damit auch Zugang zu verschiedenen Player, die wichtig sind, in dem Umfeld, wo man tätig ist.» Man gewinne so ein gewisses Netzwerk.
Unmut über fehlende Karenzfrist
Dass manche Bundesräte schon kurz nach ihrem Rücktritt ein Mandat annehmen, stört Otto Hostettler, Mitbegründer der Plattform Lobbywatch. Sie hätten eine unabhängige Politik zu machen. Würden sie aber nach ihrer Amtszeit angefragt für ein verantwortungsvolles Mandat in einer grossen Firma, hätten sie «offenbar dieser Firma so viel Wohlwollen entgegengebracht, dass sie dort infrage kommen», so Hostettler. «Ich finde, das darf nicht die Motivation sein einer Magistratsperson.»
Auch nach dem Rücktritt gibt es ein Leben.
Am lautesten war dieser Vorwurf bei Moritz Leuenberger, SP-Bundesrat bis 2010. Nur vier Wochen nach seinem Rücktritt heuerte er als Verwaltungsrat bei der Implenia an. Der Knackpunkt: Der Baukonzern war am Bau des Gotthard-Basistunnels beteiligt – auch während Leuenbergers Amtszeit als Verkehrsminister. Leuenberger sah darin kein Problem: «Auch nach dem Rücktritt gibt es ein Leben.»
Experte: Rolle im VR nicht entscheidend
Das Anliegen, wonach Bundesräte nach dem Rücktritt eine Zeit lang keine Mandate annehmen dürften, scheiterte bereits mehrfach. Im Nationalrat befürworten viele eine Karenzfrist, im Ständerat nicht. Der Experte Silvan Felder relativiert und meint, so wichtig sei die Rolle von Bundesräten im Verwaltungsrat meist nicht. «Er kann sicher mal eine Tür öffnen, aber das Goal schiessen, wie man so schön sagt, müssen sicher immer die operativen Führungspersonen.»
Ob ein Bundesrat nach seinem Rücktritt in Pension geht oder die Gelegenheit für ein neues Amt in der Privatwirtschaft beim Schopf packt, bleibt bisweilen Sache der Ex-Magistraten selbst.