Die geheime Schweizer Widerstandsorganisation P-26 ist ein umstrittenes Kapitel in der Schweizer Geschichte. Während des Kalten Krieges und darüber hinaus sollten die Mitglieder der P-26 im Falle einer Besetzung der Schweiz aus dem Verborgenen heraus Widerstand leisten. Das Hauptziel wären Störaktionen gewesen, durchgeführt von einzeln selektionierten Leuten, die nur im Notfall aktiv geworden wären.
Nach der Enttarnung der geheimen Gruppe im Zuge der Fichenaffäre 1990 wurde in der Schweiz intensiv und häufig über die Bedeutung der P-26 gestritten. Für die einen stellt sie eine heldenhafte Gruppe von Widerstandskämpferinnen und -kämpfern dar, für die anderen eine nicht legitimierte Geheimarmee.
Region hatte keine Ahnung
Unter einer exponierten Kirche befindet sich eine Bunkeranlage. Sie gehört dem Verein Militär- und Festungsmuseum Full-Reuenthal, der auch das Schweizerische Militärmuseum betreibt. Fast niemand wusste davon, auch nicht Urs Ernst vom Militär- und Festungsmuseum Full-Reuenthal. «Ich bin an vielen Tagen hier vorbeigefahren und wusste nicht, dass hier die P-26 drin war.»
Nur die Spitze der Armee und der Bundesrat waren informiert. Die Idee einer geheimen Widerstandsarmee tauchte erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Ende der 70er-Jahre begann man mit dem Aufbau der P-26. Die einzeln rekrutierten Personen haben eine Agentenausbildung erhalten. Das Ziel: Auskundschaften, sabotieren, Widerstand leisten.
Tarnung war alles
«Die Leute waren bewaffnet, für Frauen gabs extra kleinere Pistolen. Dazu Kurzwellenempfänger, Chiffriergeräte, Funkgeräte, wie hier getarnt in einem Schreibmaschinen-Koffer», erklärt Urs Ernst im Museum. Tarnung sei wichtig gewesen.
Nach einer Alarmierung hätten die Zuständigen für die P-26-Mitglieder Chromstahlkapseln mit Ausrüstung versteckt: «Es gab Reglemente für Verstecke. Unter einem Tischtennistisch, in einem Weiher, diese Behälter sind absolut wasserdicht».
Im Museum lagern nicht nur Waffen, Zündschnüre, Sprengsätze, sondern auch Goldbarren. «Als Bestechung: Wenn die Schweiz besetzt gewesen wäre, der Franken nichts mehr wert und man hätte Medikamente gebraucht, dann hätte man mit Gold bezahlt», erklärt Urs Ernst.
Als die Bevölkerung von der Geheimarmee erfuhr, war die Aufregung gross. Eine kritische Ausstellung präsentiert das Aargauer Museum nicht: «Wir wollen mit unserem Museum der Öffentlichkeit zeigen, was die P-26 für eine Funktion hatte. Das soll ins richtige Licht gerückt werden», so Ernst.
War die Organisation wirklich geheim?
Ab 1983 habe die Geschäftsprüfungskommission des Parlaments über die Organisation Bescheid gewusst, sagt Titus Meier, Aargauer Historiker und FDP-Grossrat. «Die GPK sagte, sie würde die Vorbereitungen klarer überwachen. Das hat sie über ein paar Jahre noch gemacht, dann änderte die Zusammensetzung und man verlor das Anliegen aus den Augen. Hätte die GPK ihre Aufgabe wahrgenommen, hätte man 1990 nicht die grosse Aufregung gehabt», findet Meier.
Er findet, die Vorbereitungen damals seien legitim gewesen. Anders denken linke Historiker, zum Beispiel Josef Lang. Er findet es problematisch, dass die Organisation unbeaufsichtigt war. Man soll sie nicht verharmlosen, sagt er.
Könnte man heute eine Geheimorganisation aufbauen, ohne dass das Parlament davon Wind bekommt? «Nein, das würde heute viel stärker geprüft. Das Sensorium wurde nach 1990 geschärft», sagt Titus Meier. Die Liste mit Namen, wer alles zur P-26 gehörte, bleibt noch bis 2040 geheim.