Die derzeitigen Veränderungen bei den Schweizer Medien seien heftig, sagt Otfried Jarren, Präsident der Eidgenössischen Medienkommission (Emek). Mittelständische Medienunternehmen stünden wegen der Digitalisierung zunehmend grossen Giganten aus dem Ausland gegenüber. Ein massiver Verdrängungswettbewerb finde statt.
Für die Finanzierung der kostspieligen journalistischen Inhalte fehle in der Schweiz immer mehr das Geld: «Die journalistischen Leistungen lassen sich momentan nicht refinanzieren, weil die Werbung nicht zahlt oder die Nutzerinnen und Nutzer nicht zahlen.»
Bezahlschranken keine Lösung
Private Verleger reagieren mit Bezahlschranken im Internet, sogenannten Pay-Walls. Doch Bezahlangebote seien für ein Medienunternehmen nur attraktiv, wenn viele dafür bezahlten. Kleine oder wenig zahlungskräftige Interessengruppen würden kaum bedient, sagt Emek-Präsident Jarren.
Bezahlschranken seien deshalb für die Emek nicht unbedingt wünschenswert. Denn sie widersprächen deren Anspruch, dass Information für alle zugänglich sein solle.
Die journalistischen Leistungen lassen sich im Moment nicht refinanzieren, weil die Werbung nicht zahlt oder die Nutzerinnen und Nutzer nicht zahlen.
Mehr Fördergelder für Onlinemedien
Die Kommission empfiehlt dem Bundesrat in ihrem neuen Bericht deshalb ein anderes Vorgehen: Die öffentliche Finanzierung der Medien auszuweiten. Von ihr hat bisher vor allem die SRG profitiert.
Weil die Medienkonsumenten ihre Informationsbedürfnisse zunehmend im Internet befriedigten, sei eine neue Onlinemedien-Förderung einzuführen, denn auch Radio und Fernsehen würden immer mehr übers Internet konsumiert. «Deshalb glauben wir, dass es sinnvoll ist, journalistische Produkte integral zu fördern – und zwar unabhängig ob in Form von Radio oder Fernsehen.»
Kritik an den Internetschranken für die SRG
Dass die SRG als grösstes Medienunternehmen im Land im Internetbereich von der Politik beschränkt wird, findet die Mehrheit der Eidgenössischen Medienkommission falsch. Der Auftrag der SRG in diesem Bereich sei neu auszuhandeln, sagt Jarren.
Allerdings bedeute dies nicht, dass die SRG im Internet alles anbieten solle. «Sie muss aufpassen, dass sie nicht in Bereiche geht, in denen sie klar Interessen von Verlagen oder Dritten schädigen könnte.»
Wir glauben, dass es sinnvoll ist, journalistische Produkte integral zu fördern – und zwar unabhängig ob in Form von Radio oder Fernsehen.
Bundesrat kommt Verlegern entgegen
Die privaten Verleger hingegen lehnen eine Ausweitung der SRG-Onlineaktivitäten klar ab. Presseähnliche Digitalangebote habe die SRG zu unterlassen, fordert der Verband Schweizer Medien in einem medienpolitischen Manifest. Der Bundesrat kommt den Interessen der Verleger entgegen, indem er in der geplanten neuen Konzession für die SRG an den bisherigen Einschränkungen festhalten möchte.
Ich persönlich halte die Einschränkungen der SRG im Internetbereich für falsch.
Im Internet soll die SRG weiterhin vor allem Bild und Ton publizieren, Texte ohne Sendebezug sollen höchstens 1000 Zeichen umfassen dürfen, was längere Artikel verunmöglicht. Diese Einschränkungen der SRG im Internetbereich kann wiederum der Emek-Präsident nicht nachvollziehen.
«Ich persönlich halte sie für falsch: Man muss die Möglichkeiten haben, die das Medium bietet.» Doch müsse die Politik diese Frage in den nächsten Monaten klären.
Nöte der SDA dringlicher
Am dringlichsten findet Jarren zurzeit aber eine Diskussion über die Schweizerische Depeschenagentur SDA, die einen massiven Personalabbau und Kürzungen bei ihrem Angebot angekündigt hat.
«Wird diese Agentur – unsere einzige nennenswerte Agentur – in dieser Weise gerupft, wird logischerweise die Leistung schwinden, auch die unabhängige und neutrale Leistung. Und das ist ein erschreckender Vorgang.»
Fördergelder an Agentur neu überdenken
Der Bundesrat solle sich deshalb noch einmal überlegen, ob er die Agentur tatsächlich wie geplant mit zwei Millionen Franken Fördergeldern unterstützen wolle. Zuerst müssten die Eigentumsverhältnisse geprüft und die Absichten der neuen Eigentümer geklärt werden, empfiehlt Jarren der Landesregierung.
«Das muss auf den Tisch. Es muss Transparenz hergestellt und neu geprüft werden, ob und unter welchen Bedingungen man Subventionen sprechen kann.»
Jarren stellt fest, wenn die SDA-Eigentümer scheinbar Kapital aus der Firma zögen, gleichzeitig Personal abbauten und auch noch Fördergelder beanspruchen würden, dann erscheine das als «sehr merkwürdig».