Die Trockenheit und die Hitze haben die Schweiz fest im Griff: Die Landwirtschaft leidet unter der Trockenperiode und ist auf Wasser aus Flüssen oder Seen angewiesen. Doch nicht alle Agrarbereiche sind mit der momentanen Situation unglücklich.
Obstbauern freuen sich über mehr Ertrag
Erfreut über das sonnige Wetter zeigt man sich beim Schweizer Obstverband. «Die diesjährigen Wachstumsbedingungen waren für Früchte ausgezeichnet», sagt Direktor Georg Bregy. Über alle Sorten hinweg sei man sehr zufrieden, sowohl mit der Qualität wie auch der Menge.
Trotz aller Freude über die ertragreiche Ernte und die guten Wetterbedingungen bleibt ein Wermutstropfen. Die Ausgaben für die Bewässerung der Anlagen steigen. In wasserreichen Regionen kann zwar Wasser aus Seen und Flüssen bezogen werden, «dort muss der Bauer nur für die eigene Infrastruktur, wie Schläuche, aufkommen», meint Bregy.
Doch wo dies wegen Wasserentnahmeverboten nicht mehr möglich ist, müssen die Bauern auf Trinkwasser ausweichen. Und das ist teuer. «Eine dreissigjährige Kultur muss bei Bedarf bewässert werden, sonst zerstört der Bauer seine Existenz», so der Experte.
Deutschschweizer Winzern macht Bewässerung zu schaffen
Bei den Deutschschweizer Weinbauern sieht es anders aus. Dort spielt die Bewässerung eine untergeordnete Rolle. «Jungreben müssen in einem Normaljahr ein- bis zweimal pro Saison mit dem Schlauch bewässert werden. In diesem Jahr sind es je nach Region drei- bis viermal. Die älteren Ertragsreben kommen in der nördlichen Schweiz mit dem vorhandenen Wasser im Boden aus, auch bei extremer Trockenheit», erklärt Robin Haug, Geschäftsführer des Branchenverbands Deutschschweizer Wein.
Längere Trockenperioden kennen zum Beispiel das Wallis und die Westschweiz und sind darauf mit Bewässerungssystemen eingestellt. In der Deutschschweiz traten solche Trockenperioden bislang nur selten auf. Daher wurde auf den Bau von Bewässerungssystemen grösstenteils verzichtet. Entsprechend aufwändig oder gar unmöglich ist hier nun deshalb das Bewässern.
Pilze treten seltener auf
Die Schweizer Weinbauern können der Hitze und Trockenheit aber auch Positives abgewinnen. So ist der Pilzdruck in diesem Jahr deutlich weniger hoch: Krankheiten wie der Falsche Mehltau – der Hauptfeind der Deutschschweizer Winzer – treten seltener auf, da der Pilz Feuchtigkeit braucht.
Frost, steter Regen oder Hagel sind für uns viel schlimmer als eine Hitzewelle.
In einem Monat wird sich zeigen, ob die Reben der Dürre trotzen konnten. Denn nun beginnt die Reifephase der Trauben, die über deren Qualität entscheidet. Haug zeigt sich besorgt: «Regnet es in nächster Zeit nicht, könnte der Zucker-Säure-Spiel der Trauben aus dem Gleichgewicht geraten, weil bei anhaltender Trockenheit die Zuckerproduktion in den Blättern zurückgehen könnte».
Betroffen sind vor allem die typischen Sorten aus nördlicheren Gebieten: Während südliche Traubensorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot etwas Hitze brauchen, sind beispielsweise Riesling-Sylvaner oder Pinot Noir sensibler auf Trockenheit.
Fällt tatsächlich bis zum Erntedatum kein Regen mehr, kann sich der Weinexperte zumindest etwas trösten: «Aus dem Hitzesommer 2003 haben wir gelernt», so Haug. «Unter Einhaltung des richtigen Lesezeitpunkts kann auch bei starker Trockenheit qualitativ guter Wein entstehen.»