Die SVP wehrt sich nicht zum ersten Mal gegen die Ausweitung des Automatischen Informationsaustauschs AIA. Die Partei ist grundsätzlich gegen solche Abkommen. Unter dem neuen Dutzend sind Länder wie Thailand, Jamaika, Kenia, Uganda oder die Ukraine zu finden. Mehrere SVP-Nationalräte haben bemängelt, dass die meisten der Kandidaten die Aufnahmekriterien nicht erfüllten. «Es ist sehr schwierig zu prüfen, inwieweit diese Staaten diese Steuerdaten vertraulich behandeln», sagt SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.
Diese Bedenken hält Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, für berechtigt. Er sei überrascht, dass die Schweiz die neuen Kandidaten bereits jetzt ins AIA-Netzwerk aufnehmen wolle. Einige der Staaten erfüllten die Voraussetzungen knapp, etwa die Hälfte seien aber noch gar nicht überprüft worden: «Beispielsweise bei Uganda oder der Ukraine hat die internationale Fachkommission nicht abgeklärt, ob vor Ort Sicherheit gewährleistet wäre.»
Für eine Aufnahme werden alle neuen Kandidaten nach einem internationalen Standard der OECD geprüft. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überprüft unter anderem, ob die gelieferten Daten nicht missbraucht werden.
Bei einigen Staaten dürfte diese Hürde sehr hoch sein, sagt Kunz: «Der OECD-Standard wird in verschiedenen Entwicklungs- und Schwellenländern nicht erreicht.»
Vor einer ersten Bankdatenlieferung prüft auch die Schweiz nochmals, ob der OECD-Standard erfüllt ist, etwa beim Datenschutz. Von allen neuen Kandidaten wird der schweizerische Datenschutzstandard nicht erreicht. Diese Überprüfungen seien zum Teil oberflächlich, so Kunz. Dass in allen Ländern der Datenschutzstandard nicht erreicht wird ist auch dem Bundesrat bewusst. Er verlangt deshalb weitere Datenschutzgarantien.
Wenn die Schweiz die Opposition aufgegeben hat, kann man nicht fünf Jahre später kommen und sagen: Jetzt haben wir ein Problem.
Für grundsätzliche Kritik am System sei es jetzt aber zu spät, sagt Kunz: «Jetzt zurück zu krebsen wäre falsch. Wenn die Schweiz die Opposition aufgegeben hat, kann man nicht fünf Jahre später kommen und sagen: Jetzt haben wir ein Problem.»
Das würde laut Kunz grossen internationalen Druck auf die Schweiz geben – und genau das wollten der Bundesrat und die Schweizer Politik vermeiden. Deshalb sind diese Abkommen zum Bankdatenaustausch trotz Kritik schliesslich vom Parlament doch immer abgesegnet worden, auch heute wieder.
Schon früher gab es Widerstand
Bereits früher gab es Opposition gegen die Aufnahme von gewissen Staaten ins AIA-Netzwerk, etwa im Fall der Autokratien China, Russland und Saudi-Arabien. Schon damals hätte die Schweiz vorsichtig sein sollen, aus rechtsstaatlichen Gründen, betont Kunz.
Grundsätzlich findet Kunz, der Austausch sei heute etabliert. Nach fünf Jahren funktioniere der AIA gut, noch nie habe es einen negativen Zwischenfall gegeben.
SP stützt den AIA
Im Gegensatz zur SVP steht die SP hinter dem Austausch mit ausländischen Staaten. Für die Sozialdemokraten ist er ein wichtiges Instrument gegen die Steuerhinterziehung. Die Partei legt sonst viel Wert auf den Schutz von Daten.
Dass der Datenschutz bei allen neuen Kandidaten nicht den Schweizer Ansprüchen genügt, ist für SP-Nationalrat Samuel Bendahan kein Grund, die Erweiterung abzulehnen: Wenn der mangelnde Datenschutz ein Problem werde, müsse man über die Bücher gehen, sobald man sehe wie der Austausch mit den neuen Ländern funktioniere.