Es war eine Sitzung, über deren genauen Ablauf verschiedene Varianten die Runde machen. Am 7. Mai trafen sich die Bundesräte Guy Parmelin, Alain Berset und Ignazio Cassis mit den Spitzen der Bundesratsparteien zu den Von-Wattenwyl-Gesprächen.
Ein Thema: Wie weiter mit dem Rahmenabkommen? Nach dem Gespräch wurde im Bundeshaus gemunkelt, alle Parteien hätten vom Bundesrat einen Verhandlungsabbruch gefordert.
Grüne und GLP – ausgeschlossen
«Dann nehmen wir an, dass damals bereits der Abbruch besiegelt wurde. Wir waren da nicht dabei, konnten uns nicht vorbereiten, nicht intervenieren und werden dann immer vor vollendete Tatsachen gestellt», sagt Aline Trede, Fraktionschefin der Grünen. Ähnlich äussern sich die Grünliberalen.
Teilnehmer der Sitzung sagen indes, die Parteien hätten den Bundesrat nicht unisono zum Verhandlungsabbruch gedrängt. So sei die SP für ein Weiterverhandeln gewesen – unter der Bedingung, dass die EU der Schweiz beim Lohnschutz entgegenkomme.
Informelle Gespräche – keine Protokolle
Wie dem auch sei: Ende Mai brach der Bundesrat die Verhandlungen mit der EU ab. Welche Rolle dabei die Von-Wattenwyl-Gespräche spielten, bleibt offen. Denn Protokolle werden von diesen Treffen nicht erstellt.
Ein Privileg – aber erst seit 50 Jahren
Eingeführt wurden die Gespräche 1970 mit dem Ziel, die Suche nach Lösungen zu erleichtern: Die Mitglieder der Landesregierung sollen zusammen mit ihren Parteien politische Spielräume ausloten – informell, im kleinen Kreis, auf Einladung der Bundeskanzlei. Seit gut 50 Jahren ist an diesem Gewohnheitsrecht nichts geändert worden.
Doch nun wollen GLP und Grüne, die in den letzten Jahren stark gewachsen sind, nicht mehr ausgeschlossen sein: «Das ist für uns nicht gut, denn mit uns und den Grünen fehlen 21 Prozent der Parlamentssitze an diesen engen Gesprächen. Das bedauern wir», betont GLP-Präsident Jürg Grossen.
Mit uns und den Grünen fehlen 21 Prozent der Parlamentssitze an diesen engen Gesprächen.
Trede hält fest: «Die Von-Wattenwyl-Gespräche nehmen an Wichtigkeit zu in unserer Wahrnehmung. Es wäre an der Zeit, dass die Grünen und Grünliberalen dabei sind.» GLP und Grüne haben deshalb im Frühling zwei Vorstösse mit der entsprechenden Forderung eingereicht.
Nur die SP zeigt Verständnis
SP-Fraktionschef Roger Nordmann kann es sich vorstellen, den Teilnehmerkreis zu erweitern. Alle konstruktiven Kräfte seien willkommen. Die SVP sieht hingegen «keine Notwendigkeit», etwas zu ändern. Die Mitte ebenso wenig: Die Gespräche widerspiegelten nun einmal die aktuelle Zusammensetzung des Bundesrats.
FDP-Fraktionschef Beat Walti sagt: «Ich glaube, dass sich eine grundsätzliche Ausweitung des Kreises nicht aufdrängt. Die Gespräche werden eher weniger offen, wenn der Kreis grösser ist. Es ist immer auch eine eher spontane Traktandenliste.» Walti kann sich aber vorstellen, die Gespräche in Ausnahmefällen zu öffnen.
Die Gespräche werden eher weniger offen, wenn der Kreis grösser ist.
Bundesrat ist dagegen
Für Trede ist das Zögern der anderen Parteien symptomatisch: «Bei den altgedienten Parteien ist allgemein eine Unsicherheit spürbar, was mit den gross gewordenen Grünen zu machen ist. Wir geben ihnen mit unserem Vorschlag die Hand und sagen: Akzeptiert, dass hier auch grosse Parteien nicht in der Regierung sind, die aber für die Demokratie sehr wichtig sind und deshalb an die Von-Wattenwyl-Gespräche gehören.»
Bei den altgedienten Parteien ist allgemein eine Unsicherheit spürbar, was mit den gross gewordenen Grünen zu machen ist.
Zu viel Hoffnung dürfen sich Grüne und GLP indes nicht machen. Auch der Bundesrat lehnt ihre Teilnahme an den Treffen bisher ab. Immerhin konnten die beiden Parteien während der Pandemie an Gesprächen mit dem Bundesrat zur Corona-Situation teilnehmen.