Albin Kurti kommt direkt vom WEF in Davos. In Zürich tritt der amtierende kosovarische Premierminister gleich vor Tausenden Schweiz-Kosovarinnen und -Kosovaren auf. Am 9. Februar finden im Kosovo Parlamentswahlen statt. Dieser Wahlkampfauftritt im Ausland an diesem Donnerstagabend könnte für Kurti nicht wichtiger sein.
In der Schweiz leben geschätzt rund 250'000 Menschen aus bzw. mit Wurzeln im Kosovo. Kurtis linksnationalistische Partei Vetëvendosje darf hier auf viel Unterstützung zählen. Bei den Wahlen vor vier Jahren hatten hierzulande 78 Prozent für sie gestimmt.
Ziel: Diaspora in der Schweiz mobilisieren
«Ich bin stark davon überzeugt, dass wir das wieder erreichen können», sagt Reis Luzhnica. Er hat den Auftritt des kosovarischen Premiers in der Halle 622 in Oerlikon organisiert. Als er klein war, flüchtete seine Familie aus dem Kosovo. Das habe ihn politisiert.
Heute sitzt Luzhnica für die SP im Zürcher Gemeinderat und ist Mitglied bei Vetëvendosje Schweiz. Beide Parteien sind politisch verbunden und Luzhnica versucht mit dem Wahlkampfauftritt, die hiesige Wählerschaft zu mobilisieren. Und SP-Co-Präsident Cédric Wermuth macht an diesem Abend Werbung für die SP.
Die Menschen allerdings strömen in die Halle, um Kurti reden zu hören. «Er hat den Kosovo verändert und wird das weiterhin tun», sagt eine Anhängerin. In seiner Amtszeit habe der Premierminister viel erreicht, sagt ein weiterer Besucher.
Kosovostämmige in der Schweiz: ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Tatsächlich hat die Wirtschaftsleistung des Kosovos in den vergangene vier Jahren zugenommen. Die Arbeitslosigkeit nahm auch ab. Trotzdem besteht im Kosovo nach wie vor Reformbedarf. Die Spannungen mit dem nördlichen Nachbarn Serbien schwelen weiter.
Bevor Kurti zu seinen Anhängern in der Halle geht, sagt er, dass die Schweizer Diaspora eine wichtige Brücke in den Kosovo bilde. «Sie ist auch eine grosse Chance für mehr wirtschaftliche Investitionen und Handelsaustausch.» Bedeutend seien auch die Geldüberweisungen in die Heimat.
Dann nimmt der kosovarische Premierminister ein Bad in der Menge. Die Menschen jubeln und rufen seinen Namen im Chor. Es sind Bilder, die man in der Schweizer Politik nicht kennt.
Es gibt auch kritische Stimmen
Den kosovarischen Wahlkampf in der Schweiz sieht der Zürcher FDP-Gemeinderat Përparim Avdili kritisch. Seine Familie stammt aus einem albanischen Dorf in Nordmazedonien. Er warnt davor, den gehässigen Wahlkampf mit verhärteten Fronten in die Schweiz zu bringen.
In erster Linie sollten die Menschen in dem Land abstimmen, wo sie selber auch leben.
Avdili beobachtet auch, dass sich das Engagement für die kosovarische Politik nicht auf die Schweizer Politik überträgt. Die Angehörigen der Diaspora sollten hier Verantwortung übernehmen. «In erster Linie sollten die Menschen in dem Land abstimmen, wo sie selber auch leben», findet er.
Organisator und SP-Politiker Luzhnica hofft, dass sich die Begeisterung für Vetëvendosje auch auf die Schweizer Politik ummünzen lässt. «Es ist nicht damit getan, dass man dort wählt», sagt er. Stattdessen müsste dieses politische Interesse auch in die Politik hierzulande getragen werden. Luzhnica glaubt, dass das klappe.
Der Wahlkampfauftritt von Kurti in Zürich hat er gut über die Bühne gebracht. Die Gunst vieler Kosovarinnen und Kosovaren hierzulande scheint ihm sicher. Ob das für eine weitere Amtszeit reicht, zeigt sich in rund zwei Wochen.