- Bei der Besetzung von Botschafterposten soll das Aussendepartement nicht immer nach professionellen Kriterien entschieden haben.
- Diesen Vorwurf erhoben diese Woche verschiedene Medien.
- Nun wollen Aussenpolitiker der Sache auf den Grund gehen.
Das Gerangel um Posten ist gross, wenn Diplomatinnen und Diplomaten alle vier Jahre ihre Koffer packen und in ein neues Land umziehen müssen. Kein Wunder, dass die Spannung hoch ist, wenn es darum geht, wer wohin darf oder muss. Das führt zuweilen zu Frust, der sich diese Woche in anonymen und sehr undiplomatischen Zitaten in den CH-Media-Zeitungen entladen hat.
Von Stalinismus im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) war die Rede. Es ging dabei etwa um die Entsendung erfahrener Diplomatinnen und Diplomaten in wenig bedeutende Länder wie Haiti und Estland.
Auch der «Tagesanzeiger» berichtete diese Woche von einem Vorfall, bei dem Ignazio Cassis im Bundesrat gefragt wurde, weshalb ein hoch angesehener und europakundiger Botschafter nicht auf seinen Wunschposten nach Brüssel wechseln dürfe. Der Aussenminister habe geantwortet, dieser werde nach Kairo versetzt und sei damit zufrieden. Das war aber falsch, wie das EDA bestätigt. Cassis sei von seinem Departement fehlinformiert worden.
Generalsekretär steht in der Kritik
Weshalb das geschah, ist unklar. Die Unterlagen für die Bundesratssitzung bereitet EDA-Generalsekretär Markus Seiler vor, der die Geschicke im Aussendepartement sowie den Informationsfluss an seinem Bundesrat eng steuert. Ebenso nehme der ehemalige Geheimdienstchef unüblich stark auf Ernennungen Einfluss, heisst es intern. Das bestreitet das EDA allerdings.
Es gibt auch interne Stimmen, die es begrüssen, dass nicht mehr vor allem nach Anciennität entschieden wird und dass Aufsteigerinnen und Aufsteiger eine Chance erhalten. CVP-Ständerat Pirmin Bischof zeigt sich überrascht über die Berichte. Er wolle wissen, was an den Vorwürfen dran sei und werde Cassis am Montag in der Aussenpolitischen Kommission (APK) dazu befragen, sagt er.
«Als kleines Land ist es absolut entscheidend, dass wir unsere besten Köpfe an den wichtigen Orten diplomatisch einsetzen können», so Bischof. «Es kann nicht sein, dass irgendwelche Abhängigkeiten departementsintern dafür entscheidend sind, wer nach aussen für die Schweiz verhandelt.»
Untersuchung der Vorfälle beantragt
Weniger überrascht zeigt sich hingegen SP-Ständerat Carlo Sommaruga. Die Probleme seien ihm und anderen Mitgliedern der APK bekannt, berichtet er. «Es gibt ein Misstrauen seitens der Direktion des EDA gegenüber dem Corps diplomatique und den erfahrensten Botschafterinnen und Botschafter. Das grosse Problem ist der Generalsekretär, der keine diplomatische Erfahrung hat und Bundesrat Cassis und dem Nominationsprozess seine Sicht aufzwingt.»
Sommaruga möchte es nicht bei ein paar Fragen belassen. Er hat am Donnerstag eine Untersuchung bei Geschäftsprüfungskommission, die sich mit dem EDA beschäftigt, beantragt. Sie soll die laufenden Rochaden auf den Botschafterposten sowie jene der zwei letzten Jahre unter die Lupe nehmen, um abzuklären, ob sie alle geregelt, fair und nach klaren Kriterien erfolgt sind.