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Vorsorge-Debakel Schwyzer Kantonalbank streitet Verantwortung bei PK-Debakel ab

Die Pensionskasse der Rapperswil-Jona Lakers steht vor dem Aus. Die Schwyzer Kantonalbank war massgeblich an der Kasse beteiligt. Doch sie will für das Debakel keine Verantwortung übernehmen. Die Recherchen von SRF und «Sonntagsblick».

Es ist einer der grössten Vorsorge-Skandale der letzten Jahre, und jetzt steht die betroffene Pensionskasse Phoenix am Abgrund. Sie habe sich an den Sicherheitsfonds BVG gewendet – die Auffang-Institution für angeschlagene und bankrotte Vorsorgeeinrichtungen. «In dieser ausserordentlichen Situation wäre es unverantwortlich, den Sicherheitsfonds nicht einzubeziehen», sagt der Rechtsvertreter der PK Phoenix.

Der Stiftungsrat der Pensionskasse wiederum hofft, mit Unterstützung des Sicherheitsfonds die Verantwortlichen für das buchhalterische Loch von 12 Millionen Franken zu finden: «Dann müssten wir die Fehlbaren einklagen, weil das unsere Pflicht den Versicherten gegenüber ist», sagt Phoenix-Vizepräsident Orlando Pavano.

Auch die Rapperswil-Jona Lakers haben ihr Vorsorge-Geld bei der Aargauer Phoenix: «Wir von den Lakers wollen uns einzig auf den Sport konzentrieren können. Darum hoffen wir, dass jetzt endlich Ruhe einkehrt. Und dass die Verursacher dieses Debakels Verantwortung übernehmen», meint der Geschäftsführer der Lakers Sport AG.

Schwyzer Kantonalbank tief in Phoenix-Debakel verstrickt

Das «Recherchekollektiv Phoenix» von SRF und Ringier hat über 1000 Dokumente zum Fall analysiert, digitalisiert und inventarisiert. Dabei zeigt sich: Die Verstrickung der Schwyzer Kantonalbank in den Fall Phoenix ist tiefer als bisher bekannt.

Die Schwyzer Kantonalbank und die von ihr kontrollierte Nova-Vorsorge-Holding hatten sich mit der Aargauer Aufsicht auf den Standpunkt gestellt, dass die Verantwortlichen der Aargauer Pensionskasse Phoenix selbst für das Millionenloch verantwortlich seien. Konkret sollen die Verantwortlichen der PK Phoenix mit dem Gründer der Pensionskasse im Jahr 2013 in Lütisburg (SG) krumme Baugeschäfte getätigt haben. Und darum sei die Pensionskasse in Schieflage geraten.

Aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beabsichtigen wir, das Verfahren ohne Weiterungen einzustellen.
Autor: Dokumente der Staatsanwaltschaft Kanton Thurgau

Diese Vorwürfe haben seit 2019 verschiedene Schweizer Medien aufgegriffen. Nur: Die Thurgauer Staatsanwaltschaft hat die Vorwürfe gegen acht Personen im Umfeld der Phoenix und gegen den Gründer der Pensionskasse während Jahren untersucht. Das Recherchekollektiv ist im Besitz von Dokumenten, welche die Staatsanwaltschaft Thurgau vor rund fünf Monaten verfasst hat: «Aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beabsichtigen wir, das Verfahren ohne Weiterungen einzustellen.»

Gemäss Informationen des Recherchekollektivs wurde gegen acht Strafverfahren nicht weiter rekurriert, nur im Fall des Phoenix-Gründers hat die Nova-Vorsorge neue Eingaben gemacht. Gemäss Sachverständigen ist es aber eher unwahrscheinlich, dass in einem fünfjährigen, intensiv geführten Strafverfahren plötzlich neue, entscheidende Belege auftauchen. Weder in den verwaltungsrechtlichen Verfahren, die bis vor Bundesverwaltungsgericht und das Bundesgericht weitergezogen wurden, noch im Zivilverfahren vor dem Bezirksgericht Schwyz wurde bis heute eine Person aus dem Umfeld der Phoenix oder deren Gründer rechtskräftig verurteilt.

Unbelegte Behauptungen gegen Phoenix-Verantwortliche

Doch wer ist dann für das Loch von 12 Millionen Franken bei der Phoenix verantwortlich? Noch immer arbeiten Spezialisten im Auftrag der Phoenix am Fall. In ihrem Zwischenbericht schreiben die forensischen Buchprüfer: «Es muss davon ausgegangen werden, dass die Jahresrechnung 2016 wesentlich falsch ist.»

Dieser Befund wird heute von der Vorsorge-Holding Nova bestritten. Fakt bleibt: Die von der Schwyzer Kantonalbank kontrollierte Nova-Vorsorge-Holding hat 2015 und 2016 die Pensionskasse Phoenix verwaltet und war damit in dieser Zeit auch für deren Buchhaltung verantwortlich. Bis sich die Phoenix Ende 2016 nach monatelangem Ringen von der Nova-Vorsorge-Holding lossagen konnte.

Nun zeigen die Recherchen von SRF und «Sonntagsblick»: Ein Verwaltungsrat der von der Schwyzer Kantonalbank kontrollierten Nova-Vorsorge-Holding hat im Frühling 2017 anonym ein Worddokument mitverfasst – mit zahlreichen Behauptungen gegen die Phoenix-Verantwortlichen im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften von 2013 in Lütisburg.

In einem solchen Fall muss der Sicherheitsfonds BVG klagen. Denn er ist verpflichtet, den Schaden für die BVG-Versicherten möglichst gering zu halten.
Autor: Urs Eicher Präsident PK-Netz

Das heisst: Im anonymen Worddokument tauchten 2017 erstmals die massiven Vorwürfe auf, die den Fall Phoenix bis zum heutigen Tag entscheidend geprägt haben. Ein anonymes Dokument notabene, das von einem Verwaltungsrat der Nova-Vorsorge-Holding, die von der Schwyzer Kantonalbank kontrolliert wird, mitverfasst wurde.

Im Auftrag der Aargauer Aufsicht wurde daraus im Sommer 2017 ein über 100-seitiger Bericht erstellt, der bis heute zum Kronbeweis gegen die Phoenix wurde: Darauf basierend wurde Ende 2017 der Phoenix-Stiftungsrat abgesetzt, 2018 vergeblich vor Bundesgericht geklagt und 2019 ein umfangreicher Artikel in einer grossen Zeitung verfasst.

«Das ist allerhand», sagt Urs Eicher, Präsident des PK-Netzes, dem BVG-Sozialpartner der Arbeitnehmenden. Für Eicher ist klar: «In einem solchen Fall muss der Sicherheitsfonds BVG klagen. Denn er ist verpflichtet, den Schaden für die BVG-Versicherten möglichst gering zu halten.»

Klage hat laut Rechtsprofessor Chancen

Die Schwyzer Kantonalbank antwortet auf die Fragen des «Recherchekollektiv Phoenix»: «Aus Sicht der SZKB ist die Angelegenheit mit dem im Mai 2021 erfolgten Verkauf der Minderheitsbeteiligung an der Nova Vorsorge AG erledigt.»

In der Tat besass die Schwyzer Kantonalbank nur 49 Prozent der Nova-Vorsorge-Holding. Zusätzlich aber hatte sie das Recht auf das Verwaltungsratspräsidium und damit die Stimmen-Mehrheit im Verwaltungsrat der Nova-Vorsorge-Holding. Die Schwyzer Kantonalbank selbst schreibt 2020 in einem Geschäftsbericht von einer «beherrschenden Stellung der SZKB» bezüglich ihrer Beteiligung Nova Vorsorge AG.

Noch gab es keine solche Klage in der Berufsvorsorge, aber in anderen Bereichen wurden aufgrund einer solchen Ausgangslage tatsächlich schon Schuldsprüche gefällt.
Autor: Thomas Gächter Rechtsprofessor

Gemäss Professor Thomas Gächter, einem der profiliertesten Schweizer Sozialversicherungsexperten, könnte eine Klage gegen die Schwyzer Kantonalbank tatsächlich Chancen auf Erfolg haben: «Noch gab es keine solche Klage in der Berufsvorsorge, aber in anderen Bereichen wurden aufgrund einer solchen Ausgangslage tatsächlich schon Schuldsprüche gefällt.»

Bis dahin wird für die Pensionskasse, mit der die Schwyzer Kantonalbank das ganz grosse Geld machen wollte, das Rennen wohl gelaufen sein: Dieser Phoenix wird kaum mehr aus der Asche steigen.

Video
Archiv: Schwyzer Kantonalbank steckt im Pensionskassen-Skandal
Aus Schweiz aktuell vom 08.05.2020.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 50 Sekunden.

Tagesschau, 16.01.2022, 19:30 Uhr

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