Schwangere können ein Lied davon singen: In den letzten Wochen vor der Geburt ihres Kindes nehmen Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit oder Probleme mit Wasser in den Gelenken rapide zu. Manchmal sind die Beschwerden so gross, dass sie sich von ihrer Frauenärztin krank schreiben lassen müssen. Das geschieht sogar sehr häufig: Laut Statistik werden 70 Prozent aller Schwangeren in der Schweiz in den letzten Wochen vor der Entbindung krank geschrieben.
Schwangere müssen in der Schweiz bis zum Geburtsbett arbeiten
Aber der Mutterschaftsurlaub beginnt in der Schweiz trotzdem erst ab dem 1. Tag der Geburt. Hierzulande heisse es: «Schwangere müssen bis zum Geburtsbett arbeiten», sagt die Baselbieter SP-Landrätin Lucia Mikeler, die seit vielen Jahren als Hebamme arbeitet.
Nachbarländer sind grosszügiger
In allen Nachbarländern hat man längst akzeptiert, dass Schwangerschaften in den letzten Wochen häufig mit starken Beschwerden verbunden sind. Diese werden nicht als Krankheit betrachtet, sondern als normaler Teil einer Schwangerschaft. Deshalb beginnt dort der Mutterschaftsurlaub einige Wochen vor der Entbindung.
Lucia Mikeler und rund zwei Dutzend weitere Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus den beiden Basel, von Links bis zu den Mitte-Parteien, verlangen deshalb von ihren Kantonsregierungen, dass diese für ihre Angestellten einen vorgeburtlichen Mutterschaftsschutz von drei Wochen einführen. Dies nach dem Vorbild der Stadt Luzern, die eine solche Regelung für ihre städtischen Angestellten bereits kennt.
Eine Bundeslösung wäre besser, aber der Bundesrat zögert.
Für Christoph Hochuli (EVP/BS) und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus den beiden Basel ist klar, dass eine Bundeslösung einer kantonalen Lösung vorzuziehen wäre. «Bei einer kantonalen Lösung kommen nur Kantonsangestellte in den Genuss eines vorgeburtlichen Mutterschaftsschutzes. Alle aus der Privatwirtschaft gehen leer aus,» sagt er. Aber wie bei vielem brauche es auch bei diesem Thema Vorreiterkantone, damit der Bund nachziehe.
Bundesrat zögert – Wirtschaft ohne Interesse
In Bundesbern sind ähnliche Vorstösse hängig. Die Reaktion des Bundesrates ist allerdings nicht sehr enthusiastisch. Nach einer Abklärung liess er ausrichten, dass er die jetzige Situation als «ausreichend» betrachte. Die Schwangeren könnten sich bei Beschwerden ja krankschreiben lassen. Das stimmt zwar, aber je nach Länge des Anstellungsverhältnis fällt die Lohnfortzahlung sehr kurz aus.
Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass es keinen ausgeweiteten Schutz brauche. Dem schliessen wir uns an.
Auch die Arbeitgeber sehen keine Notwendigkeit, einen vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaub einzuführen. «Der Bundesrat hat die Lage untersucht und kommt zum Schluss, dass es keine weiteren Massnahmen braucht,» sagt die Basler Arbeitgeberchefin Saskia Schenker. «Dieser Einschätzung schliessen wir uns an.»
Der Basler EVP-Grossrat Christoph Hochuli kann die ablehnende Haltung der Arbeitgeber nicht ganz nachvollziehen. «Gäb es einen klaren vorgeburtlichen Mutterschaftsurlaub, dann wüssten die Arbeitgeber genau, wann ihre schwangere Mitarbeiterin ausfällt. Das gäbe ihnen Planungssicherheit», sagt der EVP-Politiker. Er ist deshalb überzeugt, dass auch bei den Arbeitgebern ein Umdenken einsetzen werde.