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Vorstoss im Nationalrat Die reichsten Kantone sollen dem Bund mehr unter die Arme greifen

Eine Motion der Grünen fordert eine Anpassung des Finanzausgleichs. Der Bund könnte so um jährlich rund 750 Millionen Franken entlastet werden.

Die Forderung ist brisant. Die ressourcenstarken Kantone sollen dem Bund in der Not zu Hilfe eilen. Während dem Bund in den nächsten Jahren Defizite von mehreren Milliarden drohen, schwimmen einige Kantone buchstäblich im Geld.

So hat allein der Kanton Genf 2023 einen Überschuss von 1.4 Milliarden Franken geschrieben. Die acht finanzstarken Kantone zusammen haben letztes Jahr rund 2.5 Milliarden Franken besser als budgetiert abgeschlossen. Der grüne Nationalrat Felix Wettstein sagt darum: «Ich möchte, dass sich die wohlhabenden Kantone finanziell stärker beteiligen.»

Ein älterer Mann sitzt in einem Sitzungssaal und macht Notizen.
Legende: Der Solothurner Grünen-Nationalrat Felix Wettstein ist seit Ende 2019 im Amt. KEYSTONE/Peter Klaunzer

Laut Wettstein verzeichneten die wohlhabenden Kantone schon seit mehreren Jahren grosse Überschüsse, da wäre es nur fair, wenn sie mehr finanzielle Verantwortung übernehmen würden, denn: «Der Bund hat mit der Armee, der Klimakrise und der Finanzierung der AHV im Moment enorme Aufgaben zu bewältigen», so der Solothurner Politiker.

Wettstein hat darum eine Motion eingereicht, in der er eine Anpassung des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich fordert. Sein Vorstoss trägt nicht nur die Unterschriften von linken Politikerinnen und Politikern, sondern auch von Parlamentariern der Mitte, der FDP und der SVP.

Acht Kantone betroffen

Die Forderung im Detail: Die finanzstarken Kantone (ZG, SZ, NW, BS, GE, ZH, OW und AI) sollen mehr in den Finanz- und Lastenausgleich zahlen als heute und damit den Bund entlasten. Die Bundesverfassung sieht genau das vor. Im Artikel 135 steht: «Die Leistungen der ressourcenstarken Kantone betragen mindestens zwei Drittel und höchstens 80 Prozent der Leistungen des Bundes.» Heute liegen die Leistungen der reichsten Kantone bei zwei Dritteln der Leistungen des Bundes.

Die Motion fordert, dass die Beiträge dieser Kantone auf 80 Prozent erhöht werden. Unter dem Strich würde der Bund mit dieser Änderung um jährlich etwa 750 Millionen Franken entlastet werden. Wettstein betont, dass nur die acht finanzstarken Kantone mehr abgeben müssten. Für alle anderen würde sich nichts ändern.

Der Finanzausgleich darf nicht durch politische Schnellschüsse gefährdet werden.
Autor: Ernst Stocker Finanzdirektor Kanton Zürich

Bei den Kantonen kommt der Vorstoss – wenig überraschend – schlecht an. Ernst Stocker, Finanzdirektor des ressourcenstarken Kantons Zürich und Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, sagt: «Die Kantone lehnen diesen Vorstoss ab. Der Finanzausgleich darf nicht durch politische Schnellschüsse gefährdet werden.»

Was auf den ersten Blick fair klingen möge, sei es nicht. So sei der Kanton Zürich zwar finanzstark, habe letztes Jahr aber im Gegensatz zu anderen Kantonen wie Zug oder Genf keinen Überschuss erzielt, sondern einen kleinen Verlust geschrieben.

Die Forderung aus dem Parlament ist brisant. Sie eröffnet eine neue Front in der Diskussion um die Sanierung der Bundesfinanzen. Bisher war eine Beteiligung der Kantone so gut wie kein Thema. Allerdings lässt sich der Finanzausgleich kaum schnell ändern. Er ist das Resultat eines langwierigen Aushandelns und Seilziehens. Dazu kommt, dass im Bundeshaus die Lobby der Kantone stark ist.

Tagesschau, 06.06.2024, 19:30 Uhr

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