Krieg in der Ukraine, der daraus resultierende Gasmangel und der besonders heisse und niederschlagsarme Sommer: Die Sorgen wachsen, dass uns ein harter Winter in Sachen Strom bevorsteht. Bereits haben erste Energieanbieter heftige Preiserhöhungen bekanntgegeben.
Gemäss den Verantwortlichen von Energie Wasser Luzern steigen die Preise in der Stadt Luzern und dem Umland ab Januar um 24 Prozent. In der Aargauer Gemeinde Zofingen werden es gar 42 Prozent sein. In Basel dürfte der Anstieg mit 12 bis 15 Prozent etwas moderater ausfallen. Stark betroffen ist die Region Seeland: Um ganze 80 Prozent soll der Strom für einen typischen Haushalt dort gemäss den Verantwortlichen der Energie Seeland AG teurer werden.
Die Stromrechnungen dürften nächstes Jahr für viele also höher ausfallen als heuer. Doch nicht überall ist die Entwicklung gleich akut. Ein Vergleich zwischen der grössten Schweizer Stadt und einem Landkanton zeigt dies exemplarisch.
Obwalden: bei Wassermangel auf Markt angewiesen
Die Elektrizitätswerke Obwalden (EWO) haben für das Jahr 2023 ein Preiswachstum von knapp 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr angekündigt: Das entspricht rund 31 Franken pro Monat oder 372 pro Jahr mehr für einen durchschnittlichen Haushalt im Kanton (5-Zimmer-Wohnung mit einem Verbrauch von 4500 Kilowattstunden).
Im Gebirgskanton setzt man auf Wasserkraft. Rund 85 Prozent des selber produzierten Stromes stammen aus zwei Wasserkraftwerken; einem in Giswil und einem bei Melchsee-Frutt.
In normalen Jahren kann besonders im Sommer so ein Grossteil des Bedarfs abgedeckt werden. Im Winterhalbjahr werden allerdings bereits heute rund 70 Prozent des Bedarfs auf dem freien Markt eingekauft. Wegen der Trockenheit in den vergangenen Monaten war dies heuer bereits früher der Fall.
Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr die Spitze bei den Strompreisen überschritten haben.
«Unsere Kraftwerke stehen eigentlich seit Juli still. Wenn es zwischendurch regnet, können wir vereinzelt wieder ein paar Stunden produzieren», sagt Thomas Baumgartner, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Elektrizitätswerke Obwalden. Notgedrungen mussten die Verantwortlichen auf den freien Markt umsteigen – und dort zu «extrem hohen» Preise einkaufen, so Baumgartner.
Von einem Klumpenrisiko will der EWO-Chef dennoch nichts wissen. Er erwartet für das kommende Jahr eine Beruhigung bei den Preisen. Und auch das Wasser soll wieder fliessen: «Wir erwarten für das Jahr 2023 in etwa die gleiche Fördermenge wie in üblichen Jahren.»
Zürich: Diversifizierung und eigene Kraftwerke
Anders sieht die Situation in der Stadt Zürich aus. Gemäss dem städtischen Elektrizitätswerk EWZ werden die Kosten in der Grundversorgung 2023 nur ganz wenig steigen: um maximal 45 Franken aufs ganze Jahr für einen Durchschnittshaushalt. Das ist nur ein Achtel des Anstiegs in Obwalden.
Das EWZ kann dies sicherstellen, weil es in seinem Strommix eine Vielzahl an Stromträgern zählt – und vor allem eigene Kraftwerke hat. Dazu gehören Wasser- und Windkraftwerke sowie Photovoltaikanlagen in Zürich, Graubünden und im europäischen Ausland.
Man sei sich bewusst, dass man in einer komfortablen Situation sei, erklärt EWZ-Mediensprecher Thöme Jeitziner: «Wir haben das Glück, dass wir eigene Kraftwerke haben.» Bereits vor über 100 Jahren habe die Stadtzürcher Bevölkerung den Bau von Wasserkraftwerken in Graubünden gutgeheissen und profitiere nun davon.
Doch der heisse und trockene Sommer sei auch am EWZ nicht spurlos vorbeigegangen. In Zukunft könne es sein, dass man im Sommer Stauseen schliessen müsse, um Wasser für den Winter aufzusparen. «Darum müssen wir vor allem bei der Solarenergie zubauen», so Jeitziner.
Auf den 1. September hin müssen auch die verbleibenden Netzwerkbetreiber ihre Preise fürs Jahr 2023 offenlegen. Es sind weitere happige Preisaufschläge zu erwarten, und gemäss Experten dürfte sich das Wachstum der Strompreise nicht auf das kommende Jahr beschränken
Sie machen darauf aufmerksam, dass es sich lohnt, eigenen Strom zu produzieren – zum Beispiel in Form von Solarpanels auf dem eigenen Hausdach.