Seit Juni beschäftigt sich auch die UNO mit dem wohl bekanntesten Schweizer Häftling: Brian, der ursprünglich über einen DOK-Film unter dem Namen «Carlos» bekannt wurde. Nils Melzer, der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, kritisierte die Haftbedingungen scharf – sie seien unmenschlich.
Zu SRF sagte er im Juni: «Die UNO-Standards für die Haft weltweit besagen, dass Isolationshaft nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen darf und in keinem Fall länger als 15 Tage. Im Fall vom Brian sind wir mit fast drei Jahren weit über dem akzeptablen Mass.» Melzer hat im Juni deshalb schriftlich beim Aussendepartement EDA interveniert.
Zürcher Amt für Justizvollzug wies Vorwürfe zurück
Tatsächlich sitzt Brian seit August 2018 praktisch ohne Unterbruch im Zürcher Gefängnis Pöschwies in Sicherheitshaft – er wartet dort auf ein rechtskräftiges Urteil, weil er im Gefängnis Personal angegriffen und mit dem Tod bedroht haben soll. Gemäss seinen Anwälten muss er 23 Stunden am Tag allein in seiner Zelle verbringen, ohne jeglichen Kontakt zu anderen Gefangenen, Familienbesuche und Arzt-Untersuchungen fänden nur hinter Glas statt. Die Unterbringung von Brian sei tatsächlich aussergewöhnlich, räumte auch das zuständige Zürcher Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung ein. Die Foltervorwürfe weist das Amt aber entschieden zurück.
Die Vorwürfe seien nicht nachvollziehbar, schrieb das kantonale Amt in seiner 14-seitigen Stellungnahme. Die Unterbringung von Brian sei rechtskonform. Er sei in einigen Punkten sogar besser gestellt als andere Häftlinge der Strafanstalt. Von Isolationshaft will die Zürcher Justiz nicht sprechen. Mit dieser Stellungnahme gibt sich der UNO-Sonderberichterstatter für Folter aber nicht zufrieden und will deshalb nun erneut intervenieren.
«Das kann und darf ich nicht akzeptieren»
Er sei vom Antwortschreiben der Schweiz im Fall Brian enttäuscht. Gegenüber der «NZZ» sagt Nils Melzer: «Das geht so nicht. Ich hatte erwartet, dass die Schweiz meine Fragen beantwortet und die Vorwürfe seriös abklärt.» Doch das Aussendepartement habe ihm lediglich eine Stellungnahme der Zürcher Justizdirektion zukommen lassen. Weil das akzeptable Mass der Einzelhaft massiv überschritten sei, sei er verpflichtet zu intervenieren.
«Wenn ich es nicht täte, würde ich Ausnahmen vom absoluten Folterverbot akzeptieren. Das kann und darf ich nicht», sagt er in der Zeitung weiter. Er wolle der offiziellen Schweiz deshalb erneut ein Schreiben zukommen lassen. Darin will er eine Untersuchung des Falls einfordern. Denn die Haftbedingungen müssten so rasch wie möglich an die völkerrechtlichen Mindeststandarte angepasst werden.