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Während Besuch aus Ukraine Handgemenge im Bundeshaus erhitzt die Gemüter

Im Bundeshaus hat es eine handfeste Auseinandersetzung gegeben zwischen Beamten der Bundespolizei und zwei SVP-Nationalräten.

Drei Tage vor dem Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock besuchte der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk das Bundeshaus in Bern. Entsprechend gross war das Sicherheitsdispositiv: Die Polizei riegelte das Parlamentsgebäude weiträumig ab, die grosse Treppe vor der Statue der drei Eidgenossen im Bundeshaus wurde kurzzeitig gesperrt.

Am Rande des Besuchs kam es zu einem kleinen Eklat. Während der Sperrung wollten die beiden SVP-Nationalräte Thomas Aeschi und Michael Graber die Treppe passieren – und lieferten sich ein Gerangel mit Beamten der Bundespolizei.

Einschätzung von Bundeshausredaktor Andy Müller

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Dass sich ein Fraktionspräsident ein Gerangel mit den Sicherheitskräften im Bundeshaus leistet, ist in der Schweizer Politik ein aussergewöhnlicher Vorgang. Entsprechend gehen in Bundesbern die Wogen derzeit hoch. Der Vorfall war das Gesprächsthema Nummer Eins in der Wandelhalle.

Die anderen Parteien verurteilen das Verhalten von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi und Nationalrat Michael Graber, der ebenfalls in das Handgemenge verwickelt war, scharf. Laut den Hausregeln im Parlamentsgebäude müssen auch Parlamentsmitglieder den Anordnungen und Weisungen der Sicherheitskräfte jederzeit Folge leisten.

Doch bei Teilen der SVP-Basis dürfte der Vorfall kaum auf Ablehnung stossen, im Gegenteil. Für die SVP sind die für den ukrainischen Parlamentspräsidenten geltenden Sicherheitsvorkehrungen der Beweis, dass die Schweiz im Ukrainekrieg nicht mehr neutral ist. Auch die deutsche AfD hat den Vorfall in den sozialen Medien bereits aufgenommen und das Verhalten der beiden Schweizer SVP-Parlamentarier zumindest indirekt begrüsst. Der für Schweizer Parlamentsverhältnisse drastische Vorfall zeigt vor allem eins: Die Nerven wenige Tage vor der Ukraine-Konferenz liegen ziemlich blank.

Die beiden Parlamentarier widersetzten sich einer Anweisung des Bundessicherheitsdienstes, nicht weiterzugehen. Auf Videobildern ist zu sehen, wie Polizisten dann versuchten, die beiden Politiker davon abzuhalten. Es kam zu einem Handgemenge.

Aeschi und Graber verteidigen sich

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hat sich inzwischen auf den sozialen Medien geäussert. Er schreibt, er habe sich nicht stoppen lassen. Denn die parlamentarische Arbeit habe während der Session Vorrang vor ausländischen Staatsbesuchen.

Aeschis Amtskollege Graber sieht das gleich und kritisierte gegenüber SRF die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Er habe dafür «Null Komma Null» Verständnis, so Graber. «Wenn wir in der Schweiz fremde Parlamentarier im Parlamentsgebäude besser schützen als die eigenen, ist das ein Skandal. Und wenn Sicherheit hier ein Problem sein soll, dann sollen diese Leute doch bitte in ihren Ländern bleiben, wenn es dort sicherer ist.»

Nationalratspräsident übt Kritik

Die anderen Parteien kommentierten das Verhalten der beiden SVP-Parlamentarier als inakzeptabel. Auch Nationalratspräsident Eric Nussbaumer fand nach dem Handgemenge gegenüber Radio SRF klare Worte. Er habe den Eklat nicht miterlebt, doch es gebe im Bundeshaus eine Hausordnung, die gilt. «Das Sicherheitspersonal gibt Weisungen, und diesen Weisungen ist Folge zu leisten. Das ist der entscheidende Punkt», sagte Nussbaumer.

Ob der Zwischenfall auch im Team um den ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk registriert wurde, ist nicht bekannt. Stefantschuk tauschte sich mit Mitgliedern des National- und Ständerats aus und verfolgte die Ratsdebatten.

Vor den Medien im Bundeshaus sagte er, er habe sich anlässlich seines Besuchs bei Regierung und Parlament für die Hilfe der Schweiz in dieser schwierigen Zeit bedankt.

SRF 4 News, 12.06.2024, 14 Uhr ; 

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