Am Freitagvormittag haben die drei Parteien CVP, EVP und BDP in Bern erste Verhandlungen für die Gründung einer neuen Fraktion geführt. Im Gespräch mit der «Tagesschau» sagt BDP-Präsident Martin Landolt, ein Fraktionsbündnis zwischen CVP, EVP und BDP sei reizvoll, weil die Mitte in der neuen Legislatur eine sehr wichtige Rolle habe. «Wenn wir in der Lage sind, einer starken gebündelten Mitte zu helfen, um Lösungen herbeizuführen, dann ist das sicher etwas, das uns sehr reizt».
Plötzlich drittstärkste Kraft
CVP, EVP und BDP kämen im Nationalrat zusammen auf 31 Sitze und würden so die Grünen (28 Sitze) und die FDP (29 Sitze) überholen. Damit wären sie hinter SVP und der SP auf Anhieb drittstärkste Kraft in der grossen Kammer. Mit den zusätzlichen Ständeratsmandaten der CVP kann eine solche neue Mittefraktion richtungsweisend über sämtliche Sach- und Personengeschäfte im Parlament mitentscheiden.
Landolts Aussage geht ein konkretes Angebot von CVP-Präsident Gerhard Pfister voraus. Anfangs Woche erklärte er in der Tagesschau, er biete der BDP an, Teil seiner Fraktion zu werden. Niemand sonst hat in dieser Woche so aktiv und öffentlich um die BDP geworben wie die CVP. Dieses Angebot habe er wohlwollend zur Kenntnis genommen, sagt Landolt, «wir freuen uns, dass wir Optionen haben. Das Angebot der CVP ist etwas, das wir uns anschauen möchten».
Was gegen GLP und FDP spricht
Es gebe aber auch andere Angebote, sagt Landolt. Von wem, das wolle er nicht verraten. Infrage käme für die BDP auch eine gemeinsame Fraktion mit der FDP. Dagegen spricht ein Zerwürfnis der beiden Parteien im Kanton Bern, wo die FDP Christa Markwalder in die zweite Runde der Ständeratswahlen schickt. Dieser Vorgang hat die BDP Kandidatin Beatrice Simon veranlasst, ihre Kandidatur zurückzuziehen.
Seither scheinen die Fronten in beiden Parteien verhärtet. Landolt will dieses Ereignis nicht überbewerten. «Man muss nicht auf alle kantonale Befindlichkeiten Rücksicht nehmen». Eher ausgeschlossen ist eine gemeinsame Fraktion mit der GLP. Sowohl die Grünliberalen als auch BDP Exponenten sprechen von personellen Konstellationen, die nicht zusammenpassen.
Der erste Flirt endete ergebnislos
CVP und BDP schmiedeten schon einmal gemeinsame Zukunftspläne. Zwischen 2012 und 2014 liefen intensive Gespräche für einen möglichen Zusammenschluss nach dem deutschen Unionsmodell der Schwesterparteien CDU und CSU. Beide sind eigenständige Parteien, bilden aber eine gemeinsame Fraktionsgemeinschaft.
Der Flirt zwischen CVP und BDP scheiterte an beidseitiger Furcht von Macht- und Bedeutungsverlust.
Neue Ausgangs- und Interessenlage
Heute ist die Ausgangslage anders. Die CVP kann nur in neuen Bündnissen wieder einflussreicher werden, und die BDP muss eine Partnerpartei finden, weil sie mit nur drei Nationalräten keine Fraktion mehr bilden kann. Vieles deutet deshalb auf ein neues Fraktionsbündnis in der Mitte hin. Für CVP, BDP und EVP stimmen heute sowohl die Ausgangs- als auch die Interessenlage. Bis am 31. Oktober muss sich die BDP entscheiden.