Brauchen die Grünen einen weiteren Hitzesommer, damit sie im Herbst die Wahlen gewinnen? So wie es heute aussieht, wird das nicht nötig sein. Auch wenn die Ferien verregnet sein sollten, dürfte es im Oktober zur Klimawahl kommen. Denn erstmals haben in der Sotomo-Umfrage im Auftrag der SRG die Befragten am häufigsten den Klimawandel als Grund für ihren Wahlentscheid angegeben.
Auch in den kühlen Tagen des Mai 2019 haben sie nicht vergessen, dass Hitze und Dürre immer öfter vorkommen. Bei den Wahlen vor vier Jahren spielte das Thema noch kaum eine Rolle. Heute hat es sich nachhaltig festgesetzt. Im Bewusstsein vieler Wähler gehört es nicht zu den Themen, die kommen und gehen, sondern zu den strukturellen Problemen, die nicht mehr verschwinden.
Keine vorübergehende Welle
Die Grünen müssen deshalb nicht befürchten, dass ihnen das Gleiche passiert wie 2011, als der Fukushima-Effekt verpuffte. Nach der Reaktorkatastrophe damals im Frühling spürten sie als Anti-AKW-Partei für kurze Zeit Aufwind. Doch schon im Herbst verloren sie bei den nationalen Wahlen. Fukushima schockierte zwar, aber es war weit weg und scheinbar kontrollierbar.
Dem Klimawandel dagegen kann sich die Schweiz nicht entziehen. Das macht sich politisch immer deutlicher bemerkbar. Die Anhänger der meisten Parteien sind inzwischen mehrheitlich der Meinung, der Klimapolitik werde zu wenig Beachtung geschenkt. Sie sind auch bereit, einen persönlichen Beitrag zu leisten, so das Ergebnis der Umfrage. Das heisst, sie würden auch Klimaschutzmassnahmen akzeptieren, die sie etwas kosten.
Nicht nur die Jungen
Dass das Thema endgültig in breiten Bevölkerungskreisen angekommen ist, zeigt sich auch in einer Verschiebung der Altersstruktur jener Wähler, für die der Klimawandel wahlentscheidend ist. Zwar ist die Klimafrage für die jüngeren Generationen besonders wichtig. Aber im Vergleich zu früheren Umfragen hat die Sorge signifikant auch die ältere Bevölkerung erfasst.
Eine Verschiebung ist zudem bei der politischen Herkunft zu beobachten. Zwar ist die Klimapolitik nach wie vor für Linke und Wähler der Mitte am vordringlichsten. Aber das Thema beginnt nach und nach auch in der Mitte-rechts-Wählerschaft Fuss zu fassen. Ein weiteres Zeichen also, dass das Klima die Wahlen vom 20. Oktober prägen wird.