Kurz und schnurz: Die Schweiz ist grün. Die WählerInnen haben heute einen tatsächlich historischen Urnengang hingelegt. Die Grünen kommen national auf 13 Prozent (Hochrechnung), ein Plus von 5.9 Prozent. Die Grünliberalen steigern sich auf 7.6 Prozent (Plus 3 Prozent).
Die Klimastreik-Bewegung ist fulminant im Parlament angekommen. Eine Grassroots-Bewegung, wohlgemerkt, weder von den Grünen erfunden noch von sonst einer Partei. Losgetreten von Jugendlichen, die nun tatsächlich die Schweizer Parteienlandschaft ziemlich durcheinandergebracht haben.
Gemischte Gefühle bei der SP
Das haben sich die Parteigänger der SP so sicher nicht vorgestellt: Die Umweltpolitik ist die grosse Gewinnerin dieser Wahlen – ausgerechnet aber die SP, welche sich seit Mitte der 70er-Jahre für die Umwelt politisch stark macht, die überraschende Verliererin.
Nach der aktuellen Hochrechnung von 18 Uhr verliert die Partei schweizweit 2.3 Prozent. In Zürich zwei, vielleicht sogar drei Sitze. Die SP sackt im grössten Kanton um 5.3 auf 16.1 Prozent ab. Auf der Haben-Seite können die Genossinnen und Genossen aber auch Sitzgewinne verzeichnen, auffallend vor allem der zweite Sitz im Bündnerland, wo der Hoffnungsträgen Jon Pult von der SP in Bern sehnlichst erwartet wird.
Grüne sind zeitgemäss
Aber die SP kann so kaum zufrieden sein: Seit über 20 Jahren geht sie Hand in Hand mit den Grünen in die nationalen Wahlen, hat den «Juniorpartner» stets portiert und pfleglich behandelt. Jetzt muss sie merken, dass die Grünen einfach besser in die Zeit passen.
Die Grünen schaffen einen Rekord und können mehr neue Sitze dazugewinnen als die SVP 1999, nämlich 16 (neu: 27). Dass der Juniorpartner nun selber ein Zugpferd ist und in der Wählergunst aus dem Schatten der SP heraustritt, daran müssen sich die Sozialdemokraten zuerst gewöhnen und sich dann fragen, was das für ihre künftige Strategie heissen soll.
GLP fischt im Becken der FDP
Auch strategische Fragen stellen sich für die FDP: Die Parteispitze ist überzeugt, dass sich der Schwenk Richtung einer grüneren Klimapolitik gelohnt hat. Das mag für die Zukunft stimmen, in diesen Wahlen aber hat sich das noch nicht niedergeschlagen: Minus 0.9 Prozent.
Für die FDP wird und ist die GLP ein Problem, welche vor allem in städtischen Gebieten stark ist, bei gut Gebildeten, bei umweltsensiblen Liberalen, selbst bei einer eher vermögenden WählerInnenschaft. Die GLP fischt im Becken der FDP und das erfolgreich.
Thema verschwindet nicht
Einen verhaltenen Sieg holte CVP-Präsident Gerhard Pfister. Obwohl seine Partei von den Grünen überholt wird, kann die CVP leicht zulegen und hat im Ständerat noch immer eine klare Macht. Vor allem aber wird die CVP als Vermittler zwischen Links und Rechts wieder wichtiger, denn die BDP, welche ihr diesen Platz dann und wann streitig machen konnte, verliert ihre Fraktionsstärke und wird langsam auf nationaler Ebene bedeutungslos.
Und die SVP? Sie taucht: Elf Sitze weniger, aber immer noch die mit Abstand grösste Partei. Ihr Trost: Sie hat mit ihrem rechtsbürgerlichen Kurs weiterhin ein klares Alleinstellungsmerkmal. Die deutliche Klimawahl aber wird wohl auch der Parteiführung der SVP zu denken geben.
Denn das Thema verschwindet nicht.