Die Grünen spüren in der Romandie bereits seit ein paar Jahren Aufwind – lange bevor irgendjemand Greta Thunberg kannte und Jugendliche streikten. Sie legten bei praktisch allen kantonalen Wahlen zu. Zum Teil massiv wie zum Beispiel in Genf oder Neuenburg.
«En vogue» sind Ökothemen in der Romandie also nicht erst seit Kurzem und die Romands haben einen unbeschwerten Zugang: Vor allem innovative grüne Lösungen kommen gut an wie zum Beispiel effiziente Roboter in der Landwirtschaft. Die Westschweizerinnen und Westschweizer sind technikbegeistert und Startups boomen.
Grüne und Grünliberale im Vorwärtsgang
Trotz allem war nicht voraussehbar, dass die Westschweizer Grünen gleich sieben Nationalratssitze dazugewinnen und damit einen wesentlichen Anteil am nationalen Wahlsieg haben. Ebenso wenig wie die zwei Sitzgewinne der Grünliberalen. Anders als in der Deutschschweiz ist die GLP ist in der Romandie noch kaum verankert.
Für die grösste Überraschung sorgten die Grünen in Neuenburg: Sie holten nicht nur erstmals einen Nationalratssitz, sondern gleich auch noch einen Ständeratssitz. Der Ständerat wird im Proporzsystem gewählt und die Grünen sind neu – hinter der FDP - die zweitstärkste Partei im Kanton.
Urban, jung, dynamisch, offen
Die neue Neuenburger Ständerätin Céline Vara verkörpert die grüne Bewegung in der Romandie perfekt: Die Anwältin hat ein urbanes Auftreten, ist jung, dynamisch und offen, auch gegenüber Wirtschaftskreisen.
Mit Lisa Mazzone in Genf und Adèle Thorens in der Waadt haben zwei weitere grüne Frauen mit ähnlichem Profil beste Chancen, ebenfalls in den Ständerat gewählt zu werden.
Kein «grüner Röstigraben»
In Genf sind die Grünen neu sogar die stärkste Partei mit fast 25 Prozent Wähleranteil. Dies in einem Kanton, der lange eine FDP-Hochburg war. Sicher spielte den Grünen in die Hände, dass die FDP wegen der Affäre rund um Staatsrat Pierre Maudet und der laufenden Strafuntersuchung gespalten ist. Doch dies allein erklärt die zwei Sitzgewinne nicht. Die Grünen treffen ganz einfach den Nerv der Zeit.
Es mag zwar stimmen, dass es den Romands schwerer fällt, aufs Auto oder auf Fleisch zu verzichten als den Deutschschweizern. Doch die Resultate zeigen es in aller Deutlichkeit: Umweltthemen liegen den Romands mindestens so sehr am Herzen wie den Deutschschweizern, und dies nicht erst seit gestern.