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Grünrutsch auch im Ständerat? «Vier Frauen in vier Kantonen haben realistische Chancen»

Nicht nur der Nationalrat, auch der Ständerat wird grüner. Zwei Grüne haben den Sprung in die kleine Kammer auf Anhieb geschafft. Für den zweiten Wahlgang in 14 Kantonen stehen weitere grüne Kandidatinnen und Kandidaten in aussichtsreichen Positionen. Doch der erneute Urnengang ist eine Bewährungsprobe für die Partei, sagt Politologe Marc Bühlmann.

Marc Bühlmann

Politologe

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Marc Bühlmann ist Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und verantwortlich für «Année politique Suisse», eine Online-Plattform zur Schweizer Politik. Sein Schwerpunkt ist die Demokratieforschung.

SRF News: Warum könnte es für die Grünen schwierig werden, den Erfolg bei den Ständeratswahlen im zweiten Wahlgang zu halten?

Marc Bühlmann: Historisch gesehen ist es häufig so, dass die linken und grünen Kandidierenden bei kantonalen Regierungs- und Ständeratswahlen im ersten Urnengang relativ gut abschneiden. In einem zweiten Wahlgang können sie allerdings ihre Klientel weniger gut an der Urne mobilisieren.

Im alten Parlament gab es einen grünen Ständerat, den Genfer Robert Cramer. Den Sprung in den neuen Ständerat haben bereits zwei Kandidaten geschafft, in 14 Kantonen gibt es eine zweite Runde. Wie viele Grüne könnten es noch schaffen?

Realistische Chancen haben vier Frauen in vier Kantonen: Regula Rytz in Bern, Maya Graf in Basel-Landschaft, Lisa Mazzone in Genf und Adèle Thorens in der Waadt. Diese Frauen haben eine reiche politische Erfahrung und sind national bekannt.

Adele Thorens und Lisa Mazzone
Legende: Haben Chancen, den zweiten Wahlgang zu bestehen: Adèle Thorens und Lisa Mazzone aus der Romandie. Keystone

Ist die Grüne Partei gut aufgestellt, um über die Mitte hinaus zu mobilisieren?

Das ist die schöne Geschichte an dieser Partei. Als nach wie vor junge Partei ist sie bereits so reif, dass sie Persönlichkeiten hervorgebracht hat, die auch im Ständerat bestehen können. Weil die Grünen häufig mit einem rot-grünen Ticket antreten, bleibt es aber schwierig, gegen ein starkes bürgerliches Ticket zu bestehen.

Die Grünen haben als junge Partei bereits Persönlichkeiten hervorgebracht, die auch im Ständerat bestehen können.

Müssen die Grünen ihre Strategie ändern?

Ja. Es braucht insbesondere auch deshalb eine neue Strategie, weil man den Gegner dann effektiv kennt. Zum Beispiel in Bern: Bei 15 Kandidierenden wussten alle, dass es einen zweiten Wahlgang gibt. Vier Personen hat man Chancen zugerechnet, und von diesen weiss man noch nicht, wer nochmals antritt.

Klar ist, dass der Ständerat künftig grüner sein wird. Was bedeutet das politisch?

Es spielt eine grosse Rolle, auf welche Kosten die Grünen die Sitze gewinnen könnten. Wenn das auf Kosten der SP geht – und danach sieht es teilweise aus –, wird sich nicht viel ändern, weil sie beide zum linken Lager gehören. Aber der Ständerat wird im Grossen und Ganzen bürgerlich bleiben. Die «Polparteien» – die Grünen, SP und SVP – haben im Ständerat ein bisschen weniger zu sagen. Die kleine Kammer wird Korrektiv bleiben, diese Legislatur nicht gegen rechtsbürgerliche, sondern gegen links-ökologische Vorstösse.

Das Gespräch führte Marlen Oehler.

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