Obwohl die FDP im Ständerat einen griffigeren Klimaschutz mitgetragen hat, gehört sie neu zu den Verliererinnen im Wahlbarometer. Die Freisinnigen dürften diesen Verlust, sollte er bei den Wahlen eintreten, selber verursacht haben. Indem sie ihre neue Klimapolitik medial so stark ins Zentrum rückten, wurden sie in den letzten Monaten praktisch nur noch an ihrem Klimakurs gemessen.
Unter Dauerbeobachtung
Stimmte die FDP aus Sicht der linken Parteien einmal nicht hundert Prozent klimafreundlich ab, ging fast schon ein Aufschrei durchs Land. Etwa, als die FDP im Nationalrat eine Überbrückungslösung bis zum Inkrafttreten des neuen CO2-Gesetzes nicht mittragen wollte.
Hätte die Parteileitung um Präsidentin Petra Gössi den neuen Kurs in Klimafragen nicht so stark betont, wären solche Abstimmungen kaum ein Thema geworden. Und durch den neuen Klimakurs gingen wahrscheinlich wichtigere freisinnige Themen wie die Wirtschaftspolitik oder das Verhältnis zu Europa völlig unter.
GLP als wirtschaftsliberale Alternative
Dass die FDP Stimmen an die SVP verliert, war mit dem neuen Klimakurs zu erwarten. Dem rechten Parteiflügel geht ein faktisches Ölheizungsverbot oder eine Flugticketabgabe wohl zu weit. Und die SVP hat in den letzten Monaten eine recht geschickte Strategie gefahren, sich als einzige Partei gegen zusätzliche Klimamassnahmen zu positionieren.
Bitter für die FDP ist aber, dass sie nun auch Wählende an die GLP verliert. Offenbar ist deren Klimapolitik in Teilen der linken FDP-Basis glaubwürdiger. Die Grünliberalen versuchen seit ihrer Parteigründung 2004 den Spagat zwischen Klimaschutz und liberaler Wirtschaftspolitik – und das gelingt ihnen derzeit.
Die Freisinnigen fahren nun eine ähnliche Politik, konnten aber erst in der Herbstsession erste Beweise antreten, dass es ihnen ernst ist. Es ist ein Unterschied, ob man seit der Parteigründung für Klimaschutz einsteht oder erst seit dem Frühling. Der «Klimaschwenker» kam wohl etwas zu spät und dann aber umso lauter, vielleicht zu laut.
Zweiter Bundesratssitz gefährdet?
Nun muss die FDP gemäss Wahlbarometer hoffen, dass sie bei den Wahlen nicht unter die psychologisch wichtige 15-Prozent-Marke fällt. Dann dürfte die Diskussion einsetzen, ob die FDP noch Anrecht auf ihren zweiten Bundesratssitz hat.
Sollten die Grünen die CVP überholen, werden sie die Forderung nach einem Sitz in der Landesregierung formulieren. Bei gleichzeitigen Verlusten der FDP wäre dann nicht der Sitz der CVP, sondern der Sitz des viel kritisierten FDP-Aussenministers Ignazio Cassis gefährdet.
Doch so weit wird es wohl noch nicht kommen. Die «Grüne Welle» wird die rechte Mehrheit im Parlament wegspülen, aber vor der Zauberformel im Bundesrat wird sie wohl zum Stillstand kommen. Die Formel besagt, dass die drei grössten Parteien Anrecht auf je zwei Sitze in der Regierung haben. Darauf wird sich die FDP berufen können, trotz möglicher Wahlverluste.