Kantonales SP-Zentralsekretariat in der Stadt Zürich: SP-Mitglieder, Sympathisanten und Kandidaten sitzen eng nebeneinander an schmalen Tischen und telefonieren mit potenziellen Wählerinnen und Wählern.
Mittendrin der Zürcher Spitzenkandidat Angelo Barrile: «Hallo, hier ist Angelo Barrile, Nationalrat SP Zürich. Haben Sie kurz Zeit? Aha, ok, dann können wir uns ein andermal melden? In dem Fall, alles Gute, Ade.» Dieser Versuch war erfolglos.
Barrile lässt sich aber nicht entmutigen. Es ist nicht der erste Abend, den er in der Zentrale am Telefon verbringt. Diskutieren mit Leuten am Telefon zieht er dem Strassenwahlkampf vor. Aber auch dort sieht man den SP-Nationalrat an anderen Tagen.
Etwas mitgeben
So wie SVP-Nationalrat Mauro Tuena, der frühmorgens bei strömenden Regen am Bellevue in Zürich Papiertaschentücher mit seinem Konterfei verteilt. Obwohl die meisten Passanten wegen dem Schirm nur eine Hand frei haben, nehmen erstaunlich viele das «Giveaway» dankend entgegen.
Tuena ist zufrieden. Da gilt auch für eine Rentnerin, die lachend sagt: «Ich habe meine Papiertaschentücher vergessen. Das ist doch wesentlich praktischer als nur ein Zettel.» Wen sie wählt, will sie nicht verraten. Ein Mann Mitte 50 lobt das Engagement des Politikers, zweifelt aber am Erfolg: «Ich glaube nicht, dass noch was bringt, die Meinungen sind gemacht.»
Noch lange nicht nicht zu spät
Tuena wird noch bis am Vortag des Wahlsonntags im Einsatz sein. Viele hätten das Wahlcouvert noch nicht eingeworfen: «Die Vergangenheit zeigt, dass der persönliche Kontakt das A und O ist. Allein auf dem Bürostuhl mit Plakaten und Inseraten gewinnt man keinen Wahlkampf.»
Allein auf dem Bürostuhl mit Plakaten und Inseraten gewinnt man keinen Wahlkampf.
Dranbleiben
Davon sind auch die politischen Gegner überzeugt. Die SP startet heute ihre 48-Stunden-Tour der Parteiexponenten mit dem Zug quer durch die Schweiz. Sogar in der Nacht sind die Genossinnen und Genossen unterwegs. In Zürichs Nachtlokalen wollen sie auch das Ausgehpublikum erreichen.
60 Prozent der Bevölkerung werfen die Unterlagen in den letzten zehn Tagen ein.
Dranbleiben bis zum Schluss heisst es auch bei BDP und GLP. Und FDP-Wahlkampfleiter Matthias Leitner meint sogar: «Der Wahlkampf beginnt jetzt eigentlich erst richtig. In den letzten zehn Tagen werden über 60 Prozent der Bevölkerung die Wahlunterlagen erst einwerfen.»
Die FDP habe bei den letzten Wahlen in der Schlussphase zu wenig stark mobilisiert, sagt Leitner. Dies mache man jetzt besser. So kümmert sich ein Mitarbeiter seit Monaten nur um die letzten zehn Tage vor der Wahl. Die jüngsten schlechten Umfrageergebnisse nehme man als Chance, um jetzt noch mehr Gas zu geben, so Leitner.
SVP: Wahlbotschafter im ganzen Land
Auch die SVP fährt für nochmals grosses Geschütz auf. So werden neben allen Aktionen rund 1000 Wahlbotschafterinnen und Wahlbotschafter im Land unterwegs sein.
Während die CVP ihre umstrittene Wahlkampagne im Internet weiterführt, setzen die Grünen ganz konservativ auf ihre nationale Plakataktion mit der Erdkugel. Ihr Thema – Klimawandel – ist omnipräsent.
Grüne: Umfragewerte motivieren
Machen die konstant positiven Umfragewerte die Grünen träge? Nein, sagt Wahlkampfleiter und Fraktionspräsident Balthasar Glättli: «Ich erlebe es eher umgekehrt, nämlich dass es die grünen Mitglieder und sogar die Sympathisanten motiviert, noch zusätzlich mal an einen Stand oder eine Flyer-Aktion zu gehen. Das ist die Dynamik. Wir spüren das Momentum auch in der Motivation der Menschen.»