Darauf war die Aargauer Politik nicht vorbereitet: Neben National- und Ständerat gibt es am 20. Oktober auch eine neue Regierungsrätin oder einen neuen Regierungsrat zu wählen. Hintergrund ist der Rücktritt von Regierungsrätin Franziska Roth (früher SVP).
Fünf Parteien gehen nun ins Rennen um den freigewordenen Sitz, dazu kommt eine wilde Kandidatur. Es wird davon ausgegangen, dass das neue Mitglied des Regierungsrats das Departement Gesundheit und Soziales übernehmen wird.
Geht der Sitz ins linke Lager zurück?
Die SVP versucht, den Sitz wieder für sich zu beanspruchen. Sie tritt mit Grossrat und Fraktionspräsident Jean-Pierre Gallati an. Auch die FDP erhebt Anspruch auf einen zweiten Sitz im Regierungsrat und geht mit Grossrätin Jeanine Glarner ins Rennen – anders als vor drei Jahren, als die FDP der SVP das Feld überlassen hatte.
SP und Grüne versuchen, den Sitz ins linke Lager zurückzuholen. Seit dem Rücktritt von Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne) sind die Linken nur noch durch Urs Hofmann (SP) vertreten. Die SP will das mit Nationalrätin Yvonne Feri erreichen, die Grünen mit Grossrat Severin Lüscher.
In der Mitte tritt Wirtschaftsfrau Doris Aebi für die Grünliberalen an. Alle anderen Mitteparteien – CVP, EVP und BDP – haben auf eine eigene Kandidatur verzichtet. Ohne Unterstützung einer etablierten Partei tritt einmal mehr der IV-Rentner Pius Lischer an für die Gruppierung «Neue Bundesverfassung».
«Gesucht: Eine Frau, die es besser kann»
Nach dem Hin und Her um die zurückgetretene Franziska Roth wird der Wahlkampf von zwei Fragen dominiert: Wird eine Frau gewählt, oder ist die Aargauer Regierung in Zukunft ein reines Männergremium? Und welche Kompetenzen – für das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu übernehmende Sozial- und Gesundheitsdepartement – bringen die Kandidatinnen und Kandidaten mit? Die Zeitung «Blick» titelte denn auch: «Gesucht: Eine Frau, die es besser kann».
Mit Yvonne Feri (SP), Jeanine Glarner (FDP) und Doris Aebi (GLP) treten drei Frauen an. Auch Kompetenzen spezifisch für das Sozial- und Gesundheitsdepartement sind vorhanden: Während Jean-Pierre Gallati und Arzt Severin Lüscher in der grössrätlichen Kommission «Gesundheit und Sozialwesen» sitzen, stand Yvonne Feri als Gemeinderätin dem Ressort «Soziales und Familie» vor.
Entscheidung im zweiten Wahlgang
Gute Chancen im ersten Wahlgang haben Kandidatinnen und Kandidaten aus Parteien mit einem grossen Wähleranteil. Das sind allen voran Jean-Pierre Gallati (SVP) und Yvonne Feri (SP), aber auch Jeanine Glarner (FDP).
Da sechs Kandidatinnen und Kandidaten antreten, dürfte die Entscheidung erst im zweiten Wahlgang fallen. Dann ist klar, auf was die Wählerinnen und Wähler Wert legen: auf das Parteibüchlein, die Kompetenzen, das Geschlecht oder aktuelle Fragen wie die Klimadebatte.
In einem zweiten Wahlgang wird es dann vor allem darauf ankommen, ob sich die Stimmen innerhalb eines politischen Lagers auf mehrere Kandidatinnen beziehungsweise Kandidaten verteilen, oder ob sich die Parteien auf eine Kandidatur einigen können. Zudem ist offen, ob es Doris Aebi (GLP) gelingt, die Stimmen der Mitte auf sich zu vereinigen.