Historische Wahl im Tessin:
- Marco Chiesa schafft als erster Tessiner SVP-Vertreter den Sprung in den Ständerat.
- Mit Marina Carobbio (SP) kommt erstmals eine Tessinerin ins Stöckli. Sie holt 45 Stimmen mehr als Filippo Lombardi (CVP).
- Zudem holt die SP Tessin den ersten Sitz in der kleinen Kammer in der Geschichte des Kantons.
- Die FDP Tessin verliert nach 126 Jahren ununterbrochener Präsenz im Ständerat den Sitz.
Der langjährige CVP-Ständerat Filippo Lombardi (CVP) ist abgewählt und die FDP verliert den Sitz des zurückgetretenen Fabio Abate. Neue Ständeräte sind Marina Carobbio (SP) und Marco Chiesa (SVP).
Marco Chiesa schaffte die Wahl in den Ständerat mit 42'552 Stimmen. Marina Carobbio vereinte 36'469 Stimmen auf sich. Dahinter folgen der nicht wiedergewählte Lombardi mit 36'424 Stimmen und Giovanni Merlini von der FDP mit 33'278 Stimmen.
Merlini hätte den Ständeratssitz des zurückgetretenen Fabio Abate verteidigen sollen. Die Tessiner FDP hat nach dieser Niederlage zum ersten Mal seit 126 Jahren keinen Sitz mehr im Stöckli.
Die Stimmbeteiligung beim zweiten Wahlgang lag im Tessin bei 47.16 Prozent.
Mit Marina Carobbio, zurzeit Nationalratspräsidentin, erobert erstmals eine Frau einen Ständeratssitz für das Tessin. Zu ihrem Wahlsieg sagt sie: «Das Resultat zeigt, dass die Leute eine Veränderung wollen. Themen wie die Krankenkassen, ungleiche Löhne und die Umwelt beschäftigen die Menschen.»
Filippo Lombardi äussert sich nach seiner Abwahl gegenüber SRF: «Mir gefällt die Polarisierung nicht. Aber das Volk hat entschieden. Jetzt muss man schauen, wie diese neue Formel funktioniert.»
CVP und FDP: Resultat ist Abbild der Polarisierung
Der abgewählte CVP-Ständerat Filippo Lombardi sei ein Opfer der politischen Polarisierung geworden, sagt Fiorenzo Dadò. Der Präsident der CVP Tessin ist überzeugt, dass die Parteien der Mitte über kurz oder lang verschwinden werden. Nach dem ersten Wahlgang, in dem Lombardi noch geführt hatte, hätten sich viele Wähler umorientiert, glaubt Dadò. «Das ist das Resultat einer immer stärkeren Polarisierung in der Schweiz.» Die Wähler würden vermehrt auf Vertreter der beiden Pole denn auf Mitte-Politiker setzen.
Auch die FDP sieht im Wahlresultat eine Bestätigung der politischen Polarisierung in der Schweiz. Die historische Listenverbindung mit der CVP habe nur bei den Nationalratswahlen funktioniert. Die Mitteparteien hätten die gut funktionierenden Listenverbindungen der beiden politischen Pole zu spüren bekommen, sagt Michele Morisoli, Vizepräsident der FDP Tessin.
Der Politologe Michael Hermann glaubt nicht, dass Lombardis Abwahl der Person des Tessiners gegolten hat. «Wenn sich die Mitte nicht einigt, kann es auch für ein Urgestein wie Lombardi schwierig werden», sagt Hermann.