Im Studio diskutieren (vlnr): Patrick Walder (SVP), Marionna Schlatter (Grüne), Priska Seiler Graf (SP), Hans-Jakob Boesch (FDP) und Nicola Forster (GLP).
Zum zweiten Wahlgang Ständeratswahlen
SRF: Am Tag nach den Wahlen haben sich die Grünen entschieden. Ihre Ständeratskandidatin Marionna Schlatter tritt noch einmal an. Die Kandidatin der Grünliberalen zieht sich zurück. Bleibt die SVP dabei, noch einmal mit Roger Köppel anzutreten?
Patrick Walder (SVP): Am Donnerstag entscheidet der Kantonalvorstand, ob wir noch einmal antreten, und wenn ja mit wem. Der Entscheid wird mit Roger Köppel gemeinsam gefällt. Wir werden auch noch auf unseren bürgerlichen Partner FDP zugehen. Seit heute Abend haben wir auch noch eine neue Ausgangslage. Das muss in die Analyse einfliessen.
Ruedi Noser von der FDP tritt noch einmal an, ganz sicher auch Marionna Schlatter. Hans-Jakob Boesch, wie zuversichtlich sind Sie im Hinblick auf den zweiten Wahlgang?
Hans-Jakob Bösch (FDP): Recht zuversichtlich, wir nehmen es aber nicht auf die leichte Schulter. Ruedi Noser hat ein sehr gutes Resultat erreicht im ersten Wahlgang, aber es wird eine Herausforderung sein, denn das Kandidatenfeld hat sich verdünnt. Es hängt auch sehr stark davon ab, wie sich die GLP positioniert. Ob sie die grüne Kandidatin unterstützen oder die FDP. Und ob die SVP mit einer eigenen Kandidatur kommt.
Marionna Schlatter, Sie haben rund 45'000 Stimmen weniger erhalten als Ruedi Noser. Wie wollen sie diese Stimmen aufholen?
Marionna Schlatter (Grüne): Das wird nicht ganz einfach, aber die Zeit ist eine andere. Und wir haben jetzt die Chance, das Profil noch einmal zu schärfen. Ich kann noch einmal aufholen, was den Bekanntheitsgrad angeht. Und nach so einem Jahr müssen wir Grünen sagen: Nichts ist unmöglich.
Die Verschiebungen in der Parteienstärke
Die FPD ist jetzt noch die fünftstärkste Partei im Kanton Zürich. Hans-Jakob Boesch, welche Konsequenzen ziehen Sie?
Hans-Jakob Boesch (FDP): Das ist ein unerfreuliches Ergebnis. Wir mussten ein wenig damit rechnen nach den kantonalen Wahlen. Wir haben versucht, Gegensteuer zu geben, indem wir uns im Bereich Umwelt und Klima stärker positioniert haben. Aber das war sehr schwierig. Wir haben unter der grünen Welle gelitten. Das sieht man auch bei anderen Parteien. Dass wir die fünf Nationalratssitze halten konnten, ist ein positiver Aspekt.
Ein Rücktritt kommt für Sie nicht in Frage?
Nein, das ist keine Frage.
Die SVP hat massiv Wähleranteile verloren und ihr Ziel verpasst, die zwölf Nationalratssitze zu halten. Sie, Patrick Walder, haben das Ziel verfehlt.
Patrick Walder (SVP): Das Ziel haben wir verfehlt, wir hatten aber massiv weniger Verlust als bei den Kantonsratswahlen und konnten etwas aufholen in relativ kurzer Zeit.
Massiv weniger? Schlappe bleibt Schlappe. Es sind immer noch vier Prozent Wähleranteile, die Sie verloren haben.
Wir sind immer noch mit Abstand die stärkste Partei im Kanton. Jeder vierte Wähler wählt die SVP.
Kommen wir zur SP. Priska Seiler Graf. Ihr Ständerat, Daniel Jositsch, wurde mit einem Glanzresultat bestätigt. Andererseits hat Ihre Partei mit über vier Prozent am meisten verloren. Warum kam es bei den Nationalratswahlen anders?
Priska Seiler Graf (SP): Ständeratswahlen sind Personenwahlen, und Daniel Jositsch ist sehr gut verankert. Viele Leute bis weit ins bürgerliche Lager schätzen seine Sachlichkeit und Kompetenz. Bei den Nationalratswahlen haben wir verloren, das will ich gar nicht beschönigen.
Daniel Jositsch gilt als Vertreter des liberalen Flügels der SP. Ist die SP als Partei allzu links?
Priska Seiler Graf (SP): Wenn das so wäre, dann hätte Tiana Moser von den Grünliberalen besser abschneiden müssen. Das war auch nicht so. Ich denke, das Wahlsystem ist anders. Daniel Jositsch wurde als Person gewählt.
Die grünen Parteien haben gewonnen. Was machen Sie, Nicola Forster, damit es für die GLP kein Zwischenhoch bleibt?
Nicola Forster (GLP): Das Klimathema hat sehr stark mobilisiert. Die GLP im Kanton Zürich ist aber keine junge Partei, bei der es immer auf und ab geht. Wir haben uns auch in der Europafrage etablieren können. Das ist kein Hype. Wir haben eine Verantwortung erhalten, und wir werden in Bern eine ganz andere Politik sehen in den nächsten vier Jahren.
Die Grünen haben das Image einer Einthemenpartei. Wie wollen Sie das ändern, Marionna Schlatter?
Marionna Schlatter (Grüne): Auf unserer Themenliste ist die Umweltproblematik zuvorderst. Da haben wir 40 Jahre Erfahrung. Aber es ist jetzt an uns, zu zeigen, dass wir durchaus auch Antworten haben auf alle anderen Themen. Wir haben Exekutivpolitiker, die das jeden Tag beweisen. Für uns ist ganz klar, auch in Abgrenzung zur GLP: Eine Umweltpolitik funktioniert nur sozial.
Das Gespräch leitete Margrith Meier. Das ganze Gespräch finden Sie im Audiofile.