- 16'000 erwachsene Schweizer Bürgerinnen und Bürger sind noch immer vom Stimm- und Wahlrecht ausgeschlossen.
- 2014 hat die Schweiz die UNO-Behindertenrechts-Konvention ratifiziert. Diese gibt allen Menschen das Recht zum Wählen und Abstimmen.
- Seit Unterzeichnung der UNO-Konvention ist in der Schweiz in Sachen Wahlrecht für Menschen mit Beeinträchtigung noch nichts passiert.
Die UNO-Behindertenrechts-Konvention ermöglicht es allen Menschen, ihr Wahl- und Stimmrecht zu gebrauchen. Auch jenen mit einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung. Diese UNO-Konvention hat die Schweiz 2014 ratifiziert.
Laut Bundesverfassung sind Schweizer Bürgerinnen und Bürger ab dem 18. Lebensjahr stimm- und wahlberechtigt Aber nur, wenn sie nicht wegen Geisteserkrankung oder Geistesschwäche als unmündig gelten. Damit verstösst die Schweiz gegen den Beschluss der UNO. Betroffen sind rund 16'000 Personen hierzulande.
Das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB sagt: «Die Frage der Ausdehnung der politischen Rechte auf Menschen mit Behinderung, die unter umfassender Beistandschaft stehen, hat sich politisch bisher nicht gestellt.» Weiter schreibt das EBGB, dass zurzeit der Abbau von praktischen Hürden im Vordergrund stehe.
Von der Vormundschaft zur Beistandschaft
Die Zahl der nicht stimmberechtigen Schweizerinnen und Schweizer hat sich seit 2013 fast halbiert. Denn die Vormundschaft, bei welcher eine Person als unmündig erklärt wird, wurde durch sogente massgeschneiderte Beistandschaften ersetzt.
Am politischen Leben teilzunehmen, ist dadurch nur noch Personen verwehrt, die einer umfassenden Beistandschaft unterliegen. Eine Personengruppe pauschal auszuschliessen, gehe nicht, sagt Caroline Hess Klein von Inclusion Handicap. «Es kann sehr gut sein, dass eine Person Mühe hat mit ihrem Haushalt, mit Rechnungen zahlen, mit diesem Alltag. Aber sie ist durchaus in der Lage, sich eine politische Meinung zu bilden und diese zu äussern.»
Für wen eine umfassende Beistandschaft sinnvoll oder gar notwendig ist, beurteilt heutzutage die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB. Sie prüft jedoch in erster Linie, in welchem Ausmass die betroffene Person Unterstützung benötigt, um ihre alltäglichen Aufgaben zu bewältigen. Die Fähigkeit, politische Themen zu verstehen und sich darüber eine Meinung zu bilden, liegt dabei nicht im Fokus.
Umgang mit beeinträchtigen Menschen
Dass es trotz UNO-Konvention noch immer 16'000 nicht stimmberechtigte Schweizerinnen und Schweizer gibt, überrascht Staatsrechtsprofessor und Mitglied der UNO-Behinderten-Kommission Markus Schefer nicht. Die Untätigkeit der Bundesverwaltung erklärt er so: «Es geht um grundsätzliche Vorstellungen, wie Menschen mit intellektuellen Behinderungen an der Gesellschaft teilnehmen können.»
Schefer findet aber, dass es ein Umdenken brauche und man Menschen mit Beeinträchtigung mehr zutrauen müsse. «Die Idee, sie auch zum Wählen und Abstimmen zuzulassen, braucht Zeit, um sich durchzusetzen.»
Darüber hinaus sagt Schefer, sei es vor allem wichtig, dass das Thema den Weg ins Parlament finde. Und seitens der Parteien zur Diskussion gebracht werde. Auch der wahlberechtigte Damian Bright mit Trisomie 21 setzt seine Hoffnung in die Politiker. Unter anderem in Politiker mit Handicap.