Vor den Wahlen im Herbst müssen die Kandidierenden und Parteien erstmals ihre Budgets für den Wahlkampf offenlegen. Die neuen Transparenzregeln hat das Parlament 2021 beschlossen. Bei den nächsten nationalen Wahlen kommen sie nun zur Anwendung. Bis zum 7. September haben die Parteien und Kandidierenden Zeit, die Zahlen zu liefern. Doch die Umsetzung ist nicht ganz einfach.
Wenn wir etwas zusammen mit den Kandidaten machen, ist nicht ganz klar, was als gemeinsame Kampagne gilt.
Die Buchhalterin ihrer Partei habe derzeit alle Hände voll zu tun, sagt etwa Marianne Binder-Keller, Parteipräsidentin der Mitte Aargau und Nationalrätin. Teilweise würden Unklarheiten auftreten: «Beispielsweise ist eine Frage, wie viel Geld die Geschäftsstelle für den Wahlkampf ausgibt und wie viel für die regulären Arbeiten auf der Geschäftsstelle.» Das könne kaum auseinandergehalten werden.
Weitere Kantonalparteien bestätigen, dass der Aufwand gross sei. Patrick Walder, Kassier der SVP Kanton Zürich, sagt, es gebe viele Fragen: «Wenn wir etwas zusammen mit den Kandidaten machen oder auch mit der SVP Schweiz, ist nicht ganz klar, was als gemeinsame Kampagne gilt, wer was wie kumulieren und deklarieren muss.»
Kompliziert auch bei den Einzelpersonen
Neben den Kantonalparteien müssen auch die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten ihr Budget ausweisen, wenn dieses über 50'000 Franken beträgt. Zudem müssen Kandidierende und Parteien bei Einzelspenden über 15'000 Franken angeben, woher das Geld kommt.
Bei den Kandidierenden kann es kompliziert werden, wenn sie sowohl für den Nationalrat als auch für den Ständerat kandidieren. Das ist im Kanton Aargau bei Marianne Binder-Keller der Fall: «Wenn Sie ein Plakat haben, auf dem steht: ‹In den Ständerat und in den Nationalrat›. Dann würde die Hälfte dieser Plakataktion auf das Konto des Nationalrats gehen. Wenn Sie ein Plakat haben, auf dem steht ‹In den Ständerat›, wohin berechnen Sie das nun?» Es sei unklar, welche Aktionen zum Nationalratswahlkampfbudget gehören und welche zum Wahlkampfbudget für den Ständerat.
«Vertrauen in die Politik zurückgeben»
Auch die Solothurner SP-Nationalrätin Franziska Roth kandidiert für beide Räte. Sie bestätigt: Die Umsetzung sei zum Teil kompliziert und der Aufwand gerade für die Kantonalparteien beträchtlich.
Alle Bemühungen, damit die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in die Politik haben können, lohnen sich.
Doch sie verteidigt die Regeln, die ursprünglich auf eine Initiative ihrer Partei, der SP, zurückgehen. Durch sie könne das Vertrauen in die Politik gestärkt werden: «Alle Bemühungen, damit die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in die Politik haben können, lohnen sich. Und dazu gehört, die lückenlose Transparenz zu schaffen.»
Wir wissen ja, woher bei gewissen Parteien die grossen Gelder kommen – ob wir das nun offiziell wissen oder ob wir es vorher schon gedacht haben, gibt keinen grossen Mehrwert.
Dass der Nutzen der Transparenzregeln letztlich grösser sei als der Aufwand, glaubt Marianne Binder-Keller hingegen nicht. «Wir wissen ja in der Schweiz, woher bei gewissen Parteien die grossen Gelder kommen. Ob wir das nun noch offiziell wissen oder ob wir es vorher schon gedacht haben, das gibt keinen grossen Mehrwert.»
Dem widerspricht Franziska Roth von der SP. Dieser Aufwand für mehr Transparenz stärke letztlich die Demokratie in der Schweiz: «Man muss zeigen, wer man ist und was man hat, woher das Geld kommt. Lobbying und Finanzierung intransparent zu machen, das schadet.»
Die neuen Transparenzregeln bleiben umstritten. Der Wille, die Regeln seriös umzusetzen, ist jedoch zu spüren. Die Finanzkontrolle des Bundes überprüft stichprobenartig, ob alle Angaben stimmen. Sie kann bei Unstimmigkeiten Strafanzeige einreichen.