Es ist von einer Zäsur oder gar einem «9/11-Moment» für Israel die Rede: der brutale Terrorangriff der Hamas, bei dem über 1300 Israelis getötet und rund 150 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden sind. In den vergangenen Tagen hat Israel mit Luftschlägen reagiert und auch erste Bodentruppen zu Spezialeinsätzen in den Gazastreifen entsandt. Auf palästinensischer Seite werden gegenwärtig rund 1900 Tote gezählt.
Meinungsumschwung: Hamas-Verbot scheint möglich
Der Schock ob der terroristischen Attacke der Hamas war auch in der «Arena» zu spüren, die am frühen Freitagabend aufgezeichnet wurde. Es diskutierten vier Parlamentsmitglieder, die sich am 22. Oktober nicht mehr zur Wiederwahl stellen. In einem Punkt waren sie sich einig: Die Schweiz müsse die Hamas als terroristische Organisation einstufen – und verbieten.
Es ist höchste Eisenbahn, dass wir das Hamas-Verbot aussprechen
«Es ist höchste Eisenbahn, dass wir das Hamas-Verbot aussprechen», sagte SVP-Ständerat Alex Kuprecht. Die SVP ist die einzige Partei, die ein solches Verbot in den letzten Jahren befürwortete. Bei den anderen Parteien hingegen hat kürzlich ein Meinungsumschwung stattgefunden.
Etwa bei der SP. Einzelnen Sozialdemokraten war diese Woche vorgeworfen worden, dass sie den Angriff auf Israel verharmlosen würden. SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher meinte dazu in der «Arena», dass die Partei diese Woche eine ausserordentliche Fraktionssitzung zum Thema abgehalten habe. Resultat: «Die SP verurteilt diesen terroristisch-barbarischen Angriff in jeder Form.» Wichtig aber sei, dass die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten geschützt werde.
Wir müssen aufpassen, dass wir aufgrund der Situation im Nahen Osten nicht die Ukraine vergessen.
Das Hamas-Verbot sei von der SVP damals falsch aufgegleist worden, argumentierte derweil Mitte-Nationalrat Marco Romano. Jetzt müsse man nach vorne schauen und es schnell umsetzen. Gleichzeitig warnte er: «Wir müssen aufpassen, dass wir aufgrund der Situation im Nahen Osten nicht die Ukraine vergessen.»
FDP-Ständerat Ruedi Noser hat beim Angriff der Hamas auf ein Festival in der israelischen Negevwüste vergangenen Samstag selbst einen Bekannten verloren. Seine Forderung ist klar: «Wir müssen im Gazastreifen die Waffen einziehen!» Passiere das nicht, müsse die Schweiz ihre Zahlungen an das UNO-Hilfswerk für Palästina, die UNWRA, überprüfen. Das war in der Sendung jedoch umstritten.
Letzter Stimmungstest vor den Wahlen
Im Studio war auch Politgeograf Michael Hermann, Leiter der Forschungsstelle Sotomo. Diese hatte im Auftrag der SRG das Wahlbarometer durchgeführt, laut dem die Mitte bei den Wahlen erstmals die FDP überholen könnte. Für Schweizer Verhältnisse eine Sensation, so Hermann: «Vor vier Jahren hätte niemand geglaubt, dass dies möglich wäre.»
Das Szenario lässt FDP-Ständerat Noser nicht kalt. Aber: «Wenn es ein Debakel gibt, dann dass FDP und Mitte zusammen so schwach sind.» Mitte-Nationalrat Romano beteuerte, dass seine Partei nicht versuchen würde, einen zweiten Bundesratssitz auf Kosten der FDP zu ergattern. «Nicht ein einzelner Wahltag sollte die Zusammensetzung der Regierung bestimmen, sondern langfristige Trends.»
Veränderungen in der politischen Debattenkultur
Wichtig sei, dass man Persönlichkeiten in den Bundesrat wähle, betonte SVP-Ständerat Kuprecht. Bei der Wahl von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider etwa habe ihr landwirtschaftlicher Hintergrund eine zu grosse Rolle gespielt.
SP-Nationalrätin Graf-Litscher erwiderte, dass Baume-Schneider einen sehr guten Job mache. Daneben verhalten habe sich hingegen die SVP-Fraktion, als sie Baume-Schneider während der Herbstsession mit unzähligen Fragen zur Asylpolitik gelöchert habe. Hier ging auch Kuprecht auf Distanz zur eigenen Partei: «Ich fand das keine gute Aktion – es war fast ein bisschen lächerlich.»
Zum Schluss herrschte nochmals Einigkeit im Studio: Der Einfluss der sozialen Medien hätte in den letzten Jahren den politischen Umgangston verschärft. Zumindest diesen Teil der politischen Arbeit werden einige der abtretenden Politikerinnen und Politiker wohl nicht vermissen.