Selten verschieben sich in der Schweiz die politischen Kräfte so richtig deutlich. Vor acht Jahren war das der Fall, und vor vier Jahren auch. Zuerst war es ein Parlament mit einer Mehrheit von SVP und FDP. In der Folge-Legislatur wurden die ökologischen Kräfte gut gewählt, die das politische Zentrum und die Linke stärkten und aus dem Parlament eines machten mit drei fast gleich starken Blöcken.
Doch diesmal – davon gingen die Umfragen im Vorfeld aus – diesmal sollte es nicht zu allzu grossen Verschiebungen kommen, auch mit Blick auf den Fehlerbereich der Umfragen. So stellte sich die Schweiz darauf ein, dass die politischen Pole gewinnen und die ökologischen Kräfte wohl etwas einbüssen würden.
Überraschungen am Wahlsonntag
Doch der Wahlsonntag barg Überraschungen – die SVP schnitt deutlich stärker ab als angenommen, auch die SP gewann, wenn auch nicht so stark. Die ökologischen Kräfte GLP und Grüne brachen ein. Bereits im Vorfeld rätselten Politologinnen und Journalisten darüber, ob der Mitte – die sich erstmals nationalen Wahlen stellte – Historisches gelingen möge, die FDP zu überrunden. Und siehe da – es gelang. Knapp zwar, aber doch historisch.
So begann schon am Wahlsonntag die Diskussion um die zukünftige Zusammensetzung des Bundesrates: je zwei Sitze für die drei stärksten Parteien, einen Sitz für die viertstärkste Kraft – so die bisherige Zauberformel. Die Grüne Partei mit klar unter zehn Prozent Wählerstärke wäre entsprechend wohl ohne Anspruch.
Drei Tage später ist alles anders
Doch das ist nun Makulatur: Nur drei Tage nach dem Wahltag korrigiert das zuständige Bundesamt für Statistik seine Angaben. «Irritierend», «peinlich» – kommentieren das die Parteien. Augenzwinkernd reagiert die Mitte und verweist auf die Wahlen von 2027.
Die definitiven Parteistärken stellen quasi die bisherige Ordnung wieder her: An der Reihenfolge der Parteistärken hat sich nämlich keine historische Verschiebung ergeben: SVP, SP und FDP bleiben auf dem Podest der drei Stärksten. Die Mitte bleibt auf Platz vier, wenn auch mit minimalem Rückstand von 0.2 Prozentpunkten.
Bundesratsfrage aufgeschoben
Aus dieser Perspektive ist also vorerst kein Neu-Schreiben der Zauberformel nötig. Doch mit der Korrektur der Parteistärken stehen die ökologischen Kräfte nicht mehr ganz so schlecht da wie noch am Wahlsonntag.
Interessant ist das für die Grüne Partei, die mit einer neuen Stärke von 9.8 Prozent quasi auf ihrer Zehn-Prozent-Marke zu stehen kommt, die sie sich selbst für einen Bundesratsanspruch gegeben hat. So dürften jene Kräfte in der Partei Auftrieb erhalten, die an ihrem Anspruch festhalten wollen. Die Bundesratsfrage ist somit aufgeschoben.