Bei den eidgenössischen Wahlen haben auch einzelne Kleinparteien Auftrieb erhalten, vor allem am rechten Rand des politischen Spektrums. Die Lega dei Ticinesi (1 Sitz) und die gestärkte, christlich geprägte EDU (2 Sitze) wären gross genug, um mit dem neu ins Bundeshaus gewählten Mouvement citoyens genevois (MCG, 2 Sitze) eine eigenständige Fraktion zu bilden. Die Vertreter rechtsbürgerlicher Politik im Bundeshaus erhielten damit mehr Redezeit, mehr Mitsprache – und auch mehr Steuergeld.
Nicht einmal 48 Stunden nach Verkündung des Wahlergebnisses ist jedoch klar: zu einer zweiten Rechts-Fraktion wird es nicht kommen. In der EDU gibt es zwar Vertreter, die mit Nachdruck forderten, eine eigenständige Fraktion zu bilden. Gespräche zwischen den Kleinparteien hätten aber gezeigt, dass die Unterschiede zu gross seien, heisst es von der EDU. Man werde deshalb weiter in der SVP-Fraktion politisieren.
SVP bindet Kleinparteien an sich
Diese will zwar erst an der Fraktionssitzung Ende kommender Woche über die Aufnahme entscheiden – sie dürfte aber eine Formsache sein. Denn die SVP verdankt einen Teil ihres Aufstiegs zur Beinahe-30-Prozent-Partei der Tatsache, dass sie andere rechte Strömungen integriert hat. Schweizer Demokraten, Autopartei, beziehungsweise Freiheitspartei: Keine ist heute unter der Bundeshauskuppel mehr vertreten. Ihre Mitglieder haben teilweise zur SVP gewechselt, oder die Parteien verloren Wähleranteile. Andere, wie die Massnahmenkritiker, haben es gar nie bis ins nationale Parlament geschafft. Rechts der SVP gibt es für die SVP deshalb keine Konkurrenz.
Dieser Logik folgt nun auch die Fraktionsbildung. Die SVP bindet die ihr nahestehenden Kleinparteien erfolgreich an sich. Der Junior-Partner EDU hat immer betont, man werde den Entscheid über eine eigenständige Fraktion gemeinsam mit der SVP treffen. Von der Lega dei Ticinesi hiess es gar, man prüfe das nur, wenn die SVP sich davon Vorteile verspreche. Und auch das Genfer MCG erklärt, man werde sich einer anderen, bestehenden Fraktion anschliessen. Sehr wahrscheinlich wird es auch hier die SVP sein.
Kontrollierbarere Plattform für SVP
Eine breitere Plattform für rechtsbürgerliche Politik entsteht so zwar nicht, aber für die SVP eine kontrollierbarere. Und die Kleinparteien verzichten bewusst auf die Möglichkeit, sich national eigenständig zu profilieren. Damit sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Kleinparteien mehr Zuspruch erhalten und bedeutend wachsen.
Mit der Bildung einer erweiterten SVP-Fraktion wählen die Beteiligten den bequemen Weg. Die Kleinparteien, weil die Gewählten die Arbeit in einer grösseren Fraktion auf mehr Schultern verteilen können und von professionellen Strukturen profitieren. Die SVP, weil sie ihre (kleinen) Partner so stark umarmt, dass sich diese nicht allzu frei bewegen können.