Auf dem Papier verspricht die Ständeratswahl im Aargau grosse Spannung: Nicht weniger als zehn Kandidatinnen und Kandidaten stellen sich zur Wahl.
Fest im Sattel sitzt Thierry Burkart. Als bisheriger Ständerat und FDP-Präsident dürfte er die Wiederwahl problemlos schaffen. Allenfalls im ersten Wahlgang. Frei wird der Sitz von SVP-Ständerat Hansjörg Knecht. Um diesen Sitz dreht sich im Aargauer Wahlkampf alles.
Bürgerliche wollen «ungeteilte Standesstimme»
Selbstverständlich will die SVP ihren Sitz verteidigen. Die Chancen stehen gut, denn die SVP ist im Aargau die mit Abstand stärkste Partei. Zudem schickt sie mit Nationalrat Benjamin Giezendanner einen bekannten Namen ins Rennen: Den Sohn des ehemaligen Politikers Ueli Giezendanner. Im Gegensatz zu seinem Vater «poltert» Benjamin Giezendanner etwas weniger und wirkt mit seinen gut 40 Jahren im Auftritt adrett und frisch.
Zehn Köpfe für zwei Sitze
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Bild 1 von 19. Benjamin Giezendanner (SVP). wurde 2019 in den Nationalrat gewählt und tritt damit in die Fussstapfen seines Vaters Ueli Giezendanner (rechts im Bild). Zum einen hat Giezendanner das Transportunternehmen in Rothrist übernommen, zum anderen eine (nationale) Politkarriere ins Auge gefasst. Benjamin Giezendanner hat Jahrgang 1982, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bildquelle: Keystone/Patrick B. Kraemer.
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Bild 2 von 19. Das politische Profil von Benjamin Giezendanner im Smartspider: Giezendanner ist gegen staatliche Steuerung beim Umweltschutz und vertritt eine liberale Wirtschaftspolitik. Im Gegensatz zur FDP ist er gegen eine offene Aussenpolitik. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 3 von 19. Thierry Burkart (FDP). ist seit vier Jahren Aargauer Ständerat und präsidiert die nationale FDP. Der Anwalt aus Baden (seit 2021 in Lengnau) mit Jahrgang 1975 war vorher Nationalrat und Grossrat. Er ist als Verkehrs- und Sicherheitspolitiker bekannt und präsidiert den Nutzfahrzeugverband. Bildquelle: Keystone/Gian Ehrenzeller.
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Bild 4 von 19. Das politische Profil von Thierry Burkart zeigt ein relativ typisches FDP-Profil. Allerdings politisiert Burkart im Vergleich zu anderen Ständeratskandidierenden seiner Partei pointierter rechts, wenn man seine Daten zum Beispiel mit Damian Müller (Luzern) oder Remo Ankli (Solothurn) vergleicht. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 5 von 19. Gabriela Suter (SP). ist wie Giezendanner seit 2019 im Nationalrat. Die Historikerin mit Jahrgang 1972 war vorher unter anderem Kantonalparteipräsidentin der SP. Sie lebt in Aarau mit ihrem Partner und zwei Kindern. Bekannt ist sie unter anderem für ihr Engagement gegen Motorenlärm. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 6 von 19. Das politische Profil von Gabriela Suter zeigt eine klar linke Position. Allerdings ist Suter im Vergleich zu anderen Kandidierenden aus ihrer Partei etwas liberaler eingestellt, ähnlich wie zum Beispiel Eva Herzog (Basel), Daniel Jositsch (Zürich) oder Franziska Roth (Solothurn). Bildquelle: Smartvote.
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Bild 7 von 19. Marianne Binder-Keller (Mitte). ist ebenfalls seit vier Jahren im Nationalrat. Die Kommunikationsberaterin aus Baden hat mehrere Jahre die Kommunikation der nationalen Partei geleitet. Binder (Jahrgang 1958) hat zwei Kinder und mehrere Grosskinder und kandidierte bereits 2019 für den Ständerat, wo sie im zweiten Wahlgang direkt hinter den beiden Gewählten landete. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 8 von 19. Das politische Profil von Marianne Binder-Keller zeigt eine «mittige» Mitte-Politikerin. Sie positioniert sich auch innerhalb der eigenen Partei relativ typisch. Ihre Haltung ist allerdings gerade in der Wirtschaftspolitik etwas liberaler als bei anderen Mitte-Kandidierenden. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 9 von 19. Irène Kälin (Grüne). war 2022 die höchste Schweizerin als Nationalratspräsidentin und sorgte mehrfach für Schlagzeilen, zum Beispiel mit einem Ukraine-Besuch. Die Islamwissenschafterin mit Jahrgang 1987 aus Lenzburg (wohnhaft in Oberflachs und Aarau Rohr) ist seit 2017 im Nationalrat. Sie präsidiert den Gewerkschaftsdachverband «Arbeit Aargau». Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 10 von 19. Irène Kälin positioniert sich ähnlich wie der Grossteil der Grünen-Kandidierenden in der Schweiz. Allerdings sind ihre Positionen nicht am linken Rand und im innerparteilichen Vergleich auch eher liberal. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 11 von 19. Barbara Portmann (GLP). ist seit 2022 im Lenzburger Stadtrat, vorher war sie über Jahre im Kantonsparlament, auch als GLP-Fraktionspräsidentin. Die Geografin arbeitet als Kaderfrau beim Zürcher Baudepartement und ist für Raumplanungsfragen zuständig. Die zweifache Mutter mit Jahrgang 1975 gilt deshalb als Expertin für Umweltpolitik. Bildquelle: ZVG.
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Bild 12 von 19. Das politische Profil von Barbara Portmann zeigt eine klar linksliberale Position. Portmann gehört auch innerhalb der GLP zu den liberaleren Politikerinnen. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 13 von 19. Lilian Studer (EVP). schaffte den Sprung in den Nationalrat vor vier Jahren. Sie ist Präsidentin der EVP Schweiz. Die schweizerisch-norwegische Doppelbürgerin aus Wettingen (Jahrgang 1977) war unter anderem Lehrerin für Textiles Werken und Geschäftsführerin des Blauen Kreuzes im Aargau. Auch sie hat einen politisch bekannten Vater mit Ex-Nationalrat Heiner Studer. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 14 von 19. Das politische Profil von Lilian Studer zeigt eine linksliberale Politikerin. Innerhalb der EVP gehört sie eher zum liberalen Flügel und ist etwas weniger konservativ als andere Kandidierende ihrer Partei. Bildquelle: Smartvote.
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Bild 15 von 19. Theres Schöni (LOVB). steigt als krasse Aussenseiterin ins Rennen um die Aargauer Ständeratssitze. Schöni tritt an für die «Lösungs-Orientierte VolksBewegung» (LOVB). Die Partei trat bereits bei den letzten Nationalratswahlen an. Die Kleinstpartei steht u.a. für hohe individuelle Freiheiten ein. Theres Schöni hat Jahrgang 1962 und wohnt in Merenschwand. Bildquelle: zvg.
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Bild 16 von 19. Das politische Profil von Theres Schöni ist eher ungewöhnlich. Im Vergleich mit allen anderen Kandidierenden für den Nationalrat ist Schöni sehr konservativ positioniert (mit EDU und SVP), aber landet aufgrund ihrer Positionen bei Sozialstaat und Umweltschutz dann doch fast in der politischen Mitte (auf Höhe FDP oder Mitte). Bildquelle: Smartvote.
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Bild 17 von 19. Pius Lischer (IG Gesundheit). stellt sich zum wiederholten Mal als Aussenseiter zur Wahl für den Ständerat. Lischer ist im Aargau Dauergast bei verschiedenen Wahlen und trat auch schon mehrfach bei Ständeratswahlen an. Der IV-Rentner mit Jahrgang 1963 setzte sich in der Vergangenheit vor allem für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Bildquelle: SRF (Archivaufnahme von 2019).
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Bild 18 von 19. Das politische Profil von Pius Lischer. Der Fokus seiner Anliegen liegt auf Wirtschafts- und Finanzpolitik, wie der Smartspider zeigt. Bildquelle: SRF.
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Bild 19 von 19. Nancy Holten (parteilos). ist die dritte krasse Aussenseiterin im Rennen um die Aargauer Ständeratssitze. Holten machte sich im Aargau vor allem mit ihrem Kampf gegen das Läuten von Kuh- und Kirchglocken einen Namen. Politisch trat Holten daneben aber bisher kaum in Erscheinung. Die dreifache Mutter ist gebürtige Holländerin, hat Jahrgang 1974 und wohnt in Gipf-Oberfrick. Bildquelle: zvg.
Das Duo Giezendanner/Burkart könnte die sogenannte «ungeteilte Standesstimme» erhalten. Davon sprechen die bürgerlichen Kräfte im Aargau, wenn es um den Ständerat geht. Die Vertretung im Ständerat soll eine rein bürgerliche Politik verfolgen.
Die Linke will einen Sitz zurück
Genau gegen diese «ungeteilte Standesstimme» treten die beiden linken Kandidatinnen Gabriela Suter (SP) und Irène Kälin (Grüne) an. Beide sind im Kanton durchaus bekannt: Suter hat sich als Nationalrätin Medienpräsenz gesichert mit markigen Worten zum Beispiel in der Verkehrspolitik. Kälin hat ihren Bekanntheitsgrad als Nationalratspräsidentin 2022 steigern können.
Und doch: Es braucht einiges, damit eine der beiden den Sprung ins Stöckli schafft. Die linken Wählerinnen und Wähler sind im Aargau in der Minderheit. Suter und Kälin positionieren sich inhaltlich aber klar links, dürften also kaum bürgerliche Stimmen für sich gewinnen.
Zudem müssten sich SP und Grüne – wenn möglich auch alle anderen antretenden Parteien – im zweiten Wahlgang auf eine einzige Kandidatin einigen, wenn sie die klare bürgerliche Mehrheit brechen wollen. Denn es ist schon jetzt klar, dass es einen zweiten Wahlgang braucht bei dieser grossen Anzahl Kandidaturen.
Die Entscheidung fällt im zweiten Wahlgang
SP und Grüne haben sich nach inoffiziellen Angaben dafür ausgesprochen, dass sie im zweiten Wahlgang nur noch auf einen Namen setzen. Allerdings: Andere Parteien machen da wohl nicht mit. Die Mitte tritt erneut mit Nationalrätin Marianne Binder-Keller zur Ständeratswahl an. Sie war schon 2019 auch im zweiten Wahlgang angetreten und erreichte damals den dritten Platz hinter den Kandidaten von FDP und SVP.
Auf eine Kandidatur im zweiten Wahlgang verzichten dürfte Lilian Studer von der EVP. Ihre Kandidatur dient in erster Linie dem Erhalt des einzigen Nationalratssitzes der Partei. Und auch GLP-Kandidatin Barbara Portmann wird wohl kaum zu einer zweiten Runde antreten. Sie ist als politische Persönlichkeit eher unbekannt, zudem werden ihrer Partei keine Höhenflüge mehr vorausgesagt.
Völlig chancenlos sind die drei weiteren Kandidierenden Nancy Holten (parteilos), Pius Lischer (IG Gesundheit) und Theres Schöni (Lösungsorientierte Volksbewegung).
Seit vier Jahren FDP und SVP. Vieles deutet darauf hin, dass es so bleibt.
Es müssen also wohl mehrere Faktoren passen aus Sicht der Aargauer Linken, damit die ungeteilte, bürgerliche Standesstimme nicht vier weitere Jahre bestehen bleibt. FDP und SVP teilen sich die Aargauer Standesvertretung seit vier Jahren, als Pascale Bruderer von der SP das Amt abgegeben hatte. Vieles deutet darauf hin, dass dies so bleibt.