Die SVP hat im Kanton Freiburg eine Rechnung offen mit den Grünen. Ihr Politschwergewicht Jean-François Rime wurde bei den letzten Wahlen 2019 abgewählt – was selten vorkommt.
Stattdessen schafften die Grünen erstmals den Sprung in den Nationalrat. Polit-Neuling Gerhard Andrey profitierte von der Grünen Welle und holte für die Linke den dritten Sitz zurück.
Die SVP will nun einen zweiten Sitz zurückholen von den insgesamt sieben Freiburger Nationalratssitzen. Sie tritt unter anderem mit dem bisherigen Pierre-André Page an – der auch als Ständeratskandidat auf sich aufmerksam macht.
Auch im Hinblick auf den nationalen Aufschwung der SVP hat sie die grössten Chancen, einen zusätzlichen Sitz zu holen. Die grosse Frage ist jedoch, auf wessen Kosten?
Denn auch die Grünen wollen ihren Sitz verteidigen und an den Erfolg der letzten Wahlen anknüpfen – damals konnten sie ihren Wähleranteil mehr als verdoppeln. Gerhard Andrey konnte sich im Nationalrat etablieren und sammelt ebenfalls als Ständeratskandidat Aufmerksamkeit.
Einen zweiten Sitz erobern möchte auch die FDP. Der bisherige FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois ist jedoch der einzige der sieben amtierenden Nationalrätinnen und Nationalräte, der nicht mehr antritt – die FDP ist somit die einzige Partei, die nicht von einem Bisherigen-Bonus profitieren kann. Ein Handicap.
Doch sie schickt eine bekannte Person ins Rennen. Den Sitz verteidigen soll Nadine Gobet, die im Kantonsparlament sitzt und Direktorin des Freiburger Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbands ist. Sie hat gute Chancen für eine Wahl.
Die besten Chancen, den Sitz auf bürgerlicher Seite zurückzuholen, hätte eine gemeinsame Listenverbindung – doch das ist kompliziert.
List oder Last der Listenverbindungen
Auf kantonaler Ebene haben die bürgerlichen Parteien bewiesen, dass eine gemeinsame Liste schlagkräftig ist – holten sie bei den Staatsratswahlen 2021 damit doch fünf von sieben Sitzen. Von einer bürgerlichen Allianz profitieren wollten SVP und FDP nun auch im Nationalrat, doch die Mitte sträubte sich.
Sie will nicht gemeinsam mit der SVP antreten und geht eine eigene Allianz mit GLP und EVP ein. Diese half ihr bereits 2019, den zweiten Nationalratssitz zu halten, und sie soll jetzt helfen, die Wiederwahl der Nationalrätinnen Christine Buillard-Marbach und Marie-France Roth Pasquier zu sichern. Mit den Bündnispartnern und dem Bisherigen-Bonus stehen auch da die Chancen für eine Wiederwahl gut.
Für die FDP wiederum bedeutet dieser Schritt, dass die Partei alleine in die Wahlen zieht und generell auf Listenverbindungen mit anderen Parteien verzichtet – so wie auch die SVP.
Keine Liste bei SVP und FDP, aber eine gemeinsame Liste der Linken: Dank dieser Allianz holten sie 2019 eben diesen Sitz der Grünen und wollen ihn behalten – genauso wie die beiden Sitze der SP. Die Nationalrätinnen Valérie Piller Carrard und Ursula Schneider Schüttel treten erneut an – mit ebenfalls guten Chancen.
Das Begehren der SVP auf einen zweiten Sitz dürfte also schwierig werden. Ein Sitzwechsel ist zwar nicht unmöglich, jedoch weniger auf Kosten der Linken. Wenn, könnte die SVP die FDP oder die Mitte zum Zittern bringen. Wahrscheinlich ist jedenfalls, dass die Verteilung stabil bleiben wird und die Bürgerlichen vier, die Linke drei Sitze behalten dürften.