Eine unerwartete Abwahl, eine Rückeroberung, eine erstmalige Frauenmehrheit: Bei den letzten Ständeratswahlen im Kanton Freiburg überschlugen sich die Ereignisse.
Jahrzehntelang war das Bild in Freiburg immer dasselbe: Seit 1979 sass jeweils ein Politiker der Mitte (damals CVP) und einer der SP im Ständerat – nur zwischen 1999 und 2003 gab es kurzzeitig zwei bürgerliche Vertreter.
«Freiburger Zauberformel» nach 40 Jahren geändert
Seit den letzten Eidgenössischen Wahlen 2019 sieht dies anders aus: Die Aussenseiterin Johanna Gapany (FDP) konnte sich gegen den bisherigen Ständerat Beat Vonlanthen (CVP) durchsetzen. Erstmals überhaupt sass damit eine Frau im Ständerat, und erstmals seit über 160 Jahren war die Mitte nicht mehr in der kleinen Kammer vertreten.
Die Mitte holte sich den Sitz zurück – bei den Ersatzwahlen 2021, als Isabelle Chassot den Sitz des zurückgetretenen Christian Levrat (SP) deutlich holte. Eine weitere Premiere: Seither sitzen zwei Frauen auf den beiden Ständerats-Sitzen. Und beide – Isabelle Chassot und Johanna Gapany – wollen ihren Sitz behalten.
Die beiden bisherigen Ständerätinnen
Ihre Chancen stehen gut, als Bisherige wiedergewählt zu werden. Insbesondere Isabelle Chassot konnte sich mit der Übernahme des prestigeträchtigen PUK-Präsidiums zur Credit Suisse einem breiten Publikum bekannt machen. Chassot ist in der Bevölkerung beliebt, wurde jeweils mit einem guten Resultat gewählt und sitzt fest im Sattel.
In einer Wahlumfrage des Freiburger Instituts Delahaut wurde ihre politische Arbeit von 34.5 Prozent der Teilnehmenden als sehr gut bewertet – die Arbeit von Johanna Gapany erachteten 30.5 Prozent als sehr gut.
Zur Wahlumfrage in Freiburg
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Das Freiburger Institut Delahaut führte von Ende Mai bis Anfang Juni 2023 eine Umfrage mit rund 450 Personen durch. Die Fehlerquote liegt bei +/- fünf Prozent. Die Mehrheit der Befragten war zwischen 40 und 69 Jahre alt – es gab ein Defizit an jüngeren Personen. 94 Prozent der Befragten gab an, an den Wahlen im Oktober teilzunehmen.
Das Institut erfragt die Meinung der Freiburger Bevölkerung zu verschiedenen Themen.
Bei den Wahlchancen erhielt insbesondere Gapany jedoch Konkurrenz des Grünen-Kandidaten Gerhard Andrey. Der gebürtige Sensler hat wohl die grössten Chancen, die bürgerlichen Frauen zu schlagen.
Argument: Deutschsprachige Minderheit
2019 wurde er als Senkrechtstarter in den Nationalrat gewählt, ohne zuvor in einem politischen Rat zu sitzen. Der Grüne setzt bei seiner Kandidatur auf Minderheiten: «Weder die ökologischen Kräfte noch die deutschsprachige Minderheit sind vertreten.»
Tatsächlich sass zwischen 1979 und 2019 immer mindestens ein Deutschfreiburger im Ständerat. Im deutschsprachigen Teil dürfte Andrey über die Grüne-Wählerschaft hinaus Stimmen holen.
Die grösste Konkurrenz
Das politisch grössere Schwergewicht unter den Herausforderer-Parteien ist die SP. Ihre Kandidatin Alizée Rey war zwar SP-Präsidentin in Freiburg, ist im Kanton jedoch weniger bekannt – sie unterlag 2021 parteiintern auch bei der Ausmarchung um die Kandidatur für die Kantonsregierung. Rey und Andrey könnten sich zudem auf der linken Seite Stimmen wegnehmen.
Bisherigen-Bonus schwer zu knacken
Noch schwerer dürfte es SVP-Nationalrat Pierre-André Page haben. Die bisherigen Bürgerlichen wird er kaum verdrängen können, zumal die SVP im Kanton Freiburg noch nie im Ständerat sass.
Page holte vor vier Jahren im ersten Wahlgang jedoch mehr Stimmen als der Grüne Gerhard Andrey. «Wir wollen eine Alternative zur Linken und zur wankelmütigen Mitte bieten», so die SVP.
Die weiteren Kandidaten
Für die GLP kämpft Leonardo Gomez Mariaca um einen Sitz im Ständerat. Und Flavio Guido für den Bürgerpakt. Beide gehen als grosse Aussenseiter ins Rennen. Ein Rennen, das im Kanton Freiburg trotz Angriff der Linken weniger spannend ausfallen dürfte als bei den letzten Wahlen.
Eidgenössische Wahlen im Kanton Freiburg
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Am 22. Oktober 2023 wählen die Freiburger Stimmberechtigten ihre Vertretungen im National- und Ständerat. Hier finden Sie eine Übersicht mit Hintergründen und Einschätzungen.
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