Lange hatte die SVP im Kanton Freiburg bei Majorzwahlen, also bei Personen- und nicht Listen-Wahlen, wenig zu melden. Das hat sich nun geändert. Mit dem dritten Rang im ersten Wahlgang der Ständeratswahlen – fast gleichauf mit der zweitplatzierten Johanna Gapany (FDP) – hat der SVP-Kandidat Pierre-André Page eine kleine Überraschung geschafft.
Zerreissprobe für die Bürgerlichen
Das bürgerliche Lager stellt dieses Resultat vor eine Zerreissprobe: Hätte Page ein schlechteres Resultat erzielt, wäre klar gewesen, dass die SVP im zweiten Durchgang die bisherigen Ständerätinnen Isabelle Chassot (Mitte) und Johanna Gapany (FDP) unterstützt. Nun stellt die SVP eine ernsthafte Bedrohung für die beiden Politikerinnen dar.
Dass sich die SVP dem bürgerlichen Frieden zuliebe zurückzieht, scheint angesichts des guten Resultats von Page ausgeschlossen. Das würden seine rund 27'000 Wählerinnen und Wähler nicht verstehen. Page könnte also sowohl Chassot als auch Gapany wichtige Stimmen stehlen im zweiten Durchgang.
Die Mitte und die FDP müssen sich ihrerseits gut überlegen, wie sie im Hinblick auf den zweiten Durchgang in der Öffentlichkeit auftreten. Es ist kein Geheimnis, dass sie gerne zusammen eine weitere Legislatur bestreiten würden. Allerdings könnten sie die SVP – in der Kantonalpolitik ein wichtiger Bündnispartner – vor den Kopf stossen, wenn sie sich gegenseitig zu stark unterstützen.
Chance für die Linke?
Von der dreifachen Präsenz der Bürgerlichen im zweiten Wahlgang könnte die vierte Kandidatin, Alizée Rey von der SP, profitieren. Ihre Partei ist weiterhin die zweitstärkste Partei im Kanton. Zudem haben SP und Grüne schon lange eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach sie sich im zweiten Wahlgang gegenseitig unterstützen werden.
Die Möglichkeit, dass sich die Bürgerlichen gegenseitig Stimmen wegnehmen könnten, lässt bei ihr eine gewisse Hoffnung aufkommen. Allerdings ist fraglich, wie stark eine SP-Kandidatin die Wählerschaft der Grünen Partei im zweiten Wahlgang mobilisieren kann. Viele dürften froh sein, dass ihr Kandidat Gerhard Andrey wenigstens seinen Sitz im Nationalrat verteidigen konnte und könnten dem zweiten Wahlgang für den Ständerat fernbleiben.
Klar ist: Nur wenn es auch die Grünen schaffen, nochmals voll für ihre Bündnispartnerin zu mobilisieren, hat Alizée Rey im zweiten Durchgang eine reelle Chance, den Sitz für das linke Lager zurückzuerobern.