Damit haben die wenigsten Beobachter vor den Waadtländer Staatsratswahlen gerechnet: Die fünf Kandidatinnen und Kandidaten der FDP, der SVP und der Mitte-Partei liegen allesamt auf den ersten sieben Plätzen nach dem ersten Wahlgang. Diese «Alliance Vaudoise» ist die erste breite Allianz auf bürgerlicher Seite seit 20 Jahren. Und sie scheint zu funktionieren.
Gewonnen ist nach dem Wahlsonntag aber noch nichts. Einzig FDP-Staatsrätin Christelle Luisier schaffte die Wiederwahl im ersten Wahlgang hauchdünn. Alle anderen müssen in den zweiten Wahlgang. So auch die Kandidaten der SP und der Grünen, die im ersten Wahlgang zurückgefallen sind.
Viel Luft nach oben für 2. Wahlgang
Zwar lagen zwei der drei bisherigen SP-Staatsrätinnen auf den Plätzen vier und fünf. Hingegen schaffte es die bisherige Bildungsdirektorin Cesla Amarelle (SP) nur auf den achten Platz, hinter allen Anwärtern der «Alliance Vaudoise». Vassilis Venizelos, der den Sitz der Grünen in der Regierung verteidigen soll, wurde gar nur neunter.
Dennoch hat die bürgerliche Allianz den Sieg noch nicht im Trockenen. Die Abstände zwischen den Plätzen sechs bis neun sind gering. Und die Wahlbeteiligung lag nur bei 34.25 Prozent – vor fünf Jahren war sie mit 40.13 Prozent noch deutlich höher. Auf beiden Seiten ist also viel Luft nach oben, um die Wählerinnen und die Wähler für den zweiten Wahlgang zu mobilisieren.
Signalwirkung auf Westschweiz?
Allianzen auf bürgerlicher Seite dürften aber in der Westschweiz auf der politischen Agenda bleiben. Schon bei den Wahlen im Kanton Freiburg hatten SVP, FDP und die Mitte gewonnen, weil sie sich zusammengeschlossen hatten für den zweiten Wahlgang. Das war für die Bürgerlichen in der Waadt mit ein Grund, eine Allianz einzugehen. Nun weckt das gute Resultat im ersten Wahlgang in der Waadt erneut Gelüste in anderen Kantonen.
Sie wolle so schnell wie möglich eine solche Allianz in Genf schmieden, sagte SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz im Wahlzentrum in Lausanne. Auch der Vorstand der Genfer FDP hatte sich schon zugunsten einer breiten Allianz ausgesprochen. Bei den letzten Wahlen hatten in Genf jeweils nur die CVP und die FDP zusammengespannt. Sollten die Waadtländer Bürgerlichen ihren Wahlsieg im zweiten Wahlgang wiederholen können, hätte das Signalwirkung über den grössten Kanton hinaus – auf die ganze Westschweiz.