Das Wahlsystem in der Stadt Bern ist anders als in vielen anderen Städten. Hier werden bei den Gemeinderatswahlen (Exekutive) grosse politische Blöcke bevorzugt. Denn es gilt das Proporzsystem (Verhältniswahlen), wo die Sitze zuerst an die Parteien verteilt werden; die Partei ist also in einem ersten Schritt wichtiger als die zu wählenden Köpfe.
Das heisst: Wenn sich Parteien zusammentun, sind die Wahlchancen besser. Das haben die bürgerlichen und Mitteparteien in den letzten Jahren immer wieder erfahren müssen. In der Stadtregierung ist Rot-Grün mit vier von fünf Sitzen eine Macht.
Morgenluft für die Bürgerlichen
Doch bei den Wahlen im Herbst wittern SVP, FDP, EVP, GLP und Mitte Morgenluft. Sie wollen bei den Wahlen für die Regierung erstmals alle gemeinsam antreten. Die GLP hat sich dem immer wieder widersetzt – zu gross waren die politischen Differenzen, zu unterschiedlich die politischen Wertvorstellungen.
Doch nach der Parteileitung hat nun auch die GLP-Basis dem Schulterschluss mit den bürgerlichen Parteien zugestimmt. Damit wird es realistisch, dass die Bündnispartner zwei Regierungssitze erringen können. Ein Bündnis der GLP mit der SVP galt vielen Grünliberalen jedoch als unmöglich, ja gar als Verrat. Viele sorgen sich deshalb um die Reaktion der Wählerinnen und Wähler. Werden sie den Schulterschluss mit den Rechten goutieren? Die Sorgen sind berechtigt. Nicht nur, weil ein Teil der GLP-Wählerschaft zu Hause bleiben könnte.
Stolpergefahr für Bündnis
Die Wählerschaft der Bündnispartner muss geschlossen wählen. Sonst wird es nichts mit dem Ziel, mit einem gemeinsamen Bündnis zwei Sitze zu gewinnen. Streichkonzerte sind nicht drin. Denn sonst könnte passieren, was schon einmal mit einem bürgerlichen Bündnis passiert ist: Das Mitte-Rechts-Bündnis verliert an Schlagkraft und zieht bei der Sitzverteilung in der Stadtberner Regierung den Kürzeren. Das liegt eben auch am Wahlsystem, das grosse Blöcke bevorzugt.
Die GLP-Basis hat sich für einen aus ihrer Sicht sicheren Weg entschieden. Rein rechnerisch einen Weg der Vernunft, denn im Vorfeld war von einer «Zweckgemeinschaft» die Rede. Doch dieser Weg birgt auch einige Unwägbarkeiten. Bis zu den Wahlen Herbst dauert es noch eine Weile. Für die GLP – und die anderen Bündnispartner – werden es unruhige Monate sein. Mit dem Schmieden von Bündnissen wird die Berner Politlandschaft aufgemischt, die Wahlen spannend, wie selten.