Nicht das tief verschneite, sondern das frühlingshafte Davos dürfte die Teilnehmenden des Weltwirtschaftsforums in diesem Jahr begrüssen. Wegen der Coronapandemie wurde das World Economic Forum (WEF) vom Januar in den Mai verschoben.
Ob der geplanten Durchführung in ein paar Wochen werfen nun gewichtige Stimmen aus der Ostschweiz Fragen auf. Ein Teil der Ostschweizer Polizeidirektoren habe an der letzten Sitzung Bedenken geäussert, sagt der Glarner Sicherheitsdirektor Andrea Bettiga.
«Die Frage ist aufgetaucht, wie sinnvoll es ist, das WEF genau zu dem Zeitpunkt durchzuführen, wenn wir überschwemmt werden mit Gräueltaten aus der Ukraine», so Bettiga.
Sicherheitsbedenken in der aktuellen Situation
Die Diskussion unter den Sicherheitsdirektoren angestossen hatte der Ausserrhoder Regierungsrat Hansueli Reutegger. Er habe Bedenken und stelle sich in der momentanen Sicherheitslage in Europa die Frage, ob man die Sicherheit für die WEF-Teilnehmenden gewährleisten könne.
«Wenn etwas passieren würde, ist es nicht nur der Kanton Graubünden, der einen Reputationsschaden hätte, sondern die ganze Schweiz», erklärt Reutegger. Der Ausserrhoder Regierungsrat macht aber gleichzeitig auch klar, dass man die Bündner Polizei auch dieses Jahr mit eigenen Kräften unterstützen werde. Daran werde nicht gerüttelt, auch darum, weil es ein Abkommen unter den Kantonen gebe, sich gegenseitig auszuhelfen. Die gleiche Linie vertritt sein Glarner Amtskollege Bettiga.
Wenn etwas passieren würde, gibt das einen Reputationsschaden für die ganze Schweiz.
Die Glarner Polizei will in diesem Jahr elf Polizisten nach Davos schicken. Aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden sollen es zwischen zehn und fünfzehn sein und St. Gallen schickt rund 60 Beamte. Das Weltwirtschaftsforum tangiert den Kanton St. Gallen auch auf dem eigenen Kantonsgebiet.
Einerseits übernachten WEF-Teilnehmende in Bad Ragaz, andererseits landet ein Teil der Polit- und Wirtschaftsprominenz auf dem Flugplatz Altenrhein. Fredy Fässler ist St. Galler Sicherheitsdirektor und gleichzeitig auch der Präsident der Schweizer Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren. Auch er sieht beim diesjährigen WEF besondere Herausforderungen für die Sicherheit.
Schutz im Winter einfacher
Die kriegerische Situation in der Ukraine sei ein Problem, ein weiteres die Jahreszeit, in der das WEF stattfindet. «Der Schutz von Davos ist im Winter wesentlich einfacher, weil der Schnee mithilft, die Zufahrt zu Davos zu kontrollieren», sagt Fässler.
Er habe sich tatsächlich die Frage gestellt, ob es nötig und angemessen sei, in der jetzigen Situation einen solchen Anlass durchzuführen. «Aber ich weiss, dass sich das WEF und die Bündner Behörden diese Frage auch stellen.» Sollte es erkennbare Sicherheitsrisiken geben, würde Graubünden darauf verzichten, sagt Fässler. Im Moment sehe man diese aber nicht.
Noch ist nicht klar, wer ans diesjährige WEF reisen wird. Nicht auf der Gästeliste stünden hohe russische Amtsträger sowie international sanktionierte Personen, liess das WEF im März verlauten. Eingeladen ist allerdings der ukrainische Präsident Selenski. Die Einladung sei vor Kriegsausbruch erfolgt.
Zuständig für die Sicherheit der Gäste und der Bevölkerung ist die Kantonspolizei Graubünden. Der Bündner Sicherheitsdirektor Peter Peyer wollte sich zu den Diskussionen unter seinen Amtskollegen nicht äussern.