Vor einem Scherbenhaufen stand die Solothurner Regierung vor vier Jahren. Die Stimmbevölkerung hatte das neue Energiegesetz an der Urne mit über 70 Prozent Nein-Stimmen deutlich abgelehnt. Bürgerliche Parteien, Wirtschaftsverbände, Hauseigentümer und Gemeinden hatten die Vorlage als «teures Bürokratie-Monster» bekämpft.
Mit dem Gesetz hätten neue Wohnhäuser besser gedämmt werden müssen. Auch einen Teil ihres Strombedarfs hätten sie selber decken sollen. Beim Ersatz der Heizung hätten mindestens zehn Prozent erneuerbare Energie eingesetzt werden sollen, zentrale Elektroboiler wären verboten worden.
Lösung für alle im Aargau?
Auch im Aargau scheiterte 2020 ein neues Energiegesetz an der Urne. Im Gegensatz zu Solothurn stand allerdings eine breite Allianz von Linken bis Bürgerlichen – mit Ausnahme der SVP – hinter der Vorlage. Doch auch hier kam Widerstand vom Hauseigentümerverband.
Vor wenigen Tagen startete die Aargauer Regierung einen neuen Versuch. Sie schickte ein überarbeitetes Energiegesetz in die Vernehmlassung. Vieles ähnelt der gescheiterten Vorlage: So soll es etwa kein Verbot für Öl- oder Gasheizungen geben.
Ein Obligatorium für Solaranlagen auf Neubauten will man indes nicht. Dieser Punkt war beim letzten Mal sehr umstritten. Anstelle vieler kleinerer Anlagen sollen nun grosse Dächer mit Solarpanels bestückt werden. Zudem soll der Kanton energetische Sanierungen und Solaranlagen finanziell unterstützen.
Zu dieser «abgeschwächten» Version des Aargauer Energiegesetzes nehmen Parteien und Verbände jetzt Stellung. Im bürgerlich dominierten Kantonsparlament dürfte das Gesetz gute Chancen haben, wurde die umstrittene Solaranlagen-Pflicht doch gestrichen. Auch die linken Parteien dürften die Vorlage unterstützen. In ihrer «Klimaschutzinitiative» verlangen sie höhere Zuschüsse an Gebäudesanierungen – aber kein Verbot von Ölheizungen.
Ein bisschen Zwang in Solothurn
Weniger weit ist man im Kanton Solothurn. Ein neues Energiegesetz kommt erst nächstes Jahr. Die Regierung hat aber kürzlich ihr neues Energiekonzept vorgestellt, die Grundlage für das Gesetz.
Der Regierungsrat hat Rücksprache mit verschiedenen Gruppen genommen. Gegner der letzten Vorlage wie Hauseigentümer oder die Wirtschaft wurden ebenso angehört wie Parteien, Umweltverbände oder Mieterinnen.
Im Kern geht es um den Ausstieg aus der fossilen Energie und den Ausbau der Fotovoltaik. Es sollen auch Anreize für Umbauten geschaffen werden. Heizen mit Öl und Gas soll aber nicht verboten sein. Festgeschrieben würden allerdings verbindliche CO2-Zielwerte. Vorgeschrieben wären auch Solaranlagen bei Neubauten oder grösseren Umbauten. Bei Neubauten wäre zudem eine Ladeinfrastruktur für Elektroautos Pflicht.
Nochmals ein Scherbenhaufen?
Haben diese Vorgaben eine Chance bei den ehemaligen Gegnerinnen und Gegnern? Der Solothurner Hauseigentümerverband zeigt sich in einer Mitteilung enttäuscht. Solaranlagen-Pflicht und CO2-Ziele kommen beim einflussreichen Verband nicht gut an. Man halte sich alle politischen Wege offen, so die Drohung.
Nur ein erster Schritt sind die Ideen hingegen für mehrere Umweltschutzverbände. Sie loben die Zielwerte, fordern aber weitergehende Massnahmen im Gesetz. Soll die Vorlage an der Urne aber Erfolg haben, muss die Solothurner Regierung alle ins Boot holen – so, wie es sich im Aargau anbahnt.