Das Wichtigste in Kürze
- Die Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin tritt per Ende Jahr von ihrem Amt zurück.
- Als Grund für den Rücktritt gibt die ehemalige Grünen-Politikerin den anhaltenden Druck an. Bis zuletzt sei sie von ihren Ratskolleginnen und -kollegen gemieden worden.
- Jolanda Spiess-Hegglin und SVP-Politiker Markus Hürlimann waren 2014 im Zusammenhang mit der sogenannten Zuger «Sex-Affäre» in die Schlagzeilen geraten. Spiess-Hegglin sprach von Missbrauch unter Einfluss von K.O.-Tropfen, Hürlimann von einvernehmlichem Sex.
Jolanda Spiess-Hegglin war die Hoffnungsträgerin der Zuger Grünen. Doch nur zwei Tage nach ihrer Vereidigung im Dezember 2014 in den Kantonsrat kam es anlässlich der Landammannfeier zwischen ihr und Markus Hürlimann zu einem mittlerweile schweizweit bekannten Vorfall. Die Grünen-Frau sprach von sexuellem Missbrauch unter Einfluss von K.O.-Tropfen. Der SVP-Mann von einvernehmlichem Sex.
Ich habe für mich entschieden. Das ist der Unterschied.
Bereits damals forderten empörte Kritiker in Briefen, Mails und Kommentaren Jolanda Spiess-Hegglins Rücktritt. Damals für sie kein Thema: «Es ist absurd, meinen Abgang zu fordern, wenn man bedenkt, was mir angetan wurde.»
Jetzt hat sich Jolanda Spiess-Hegglin entschieden, die Politik zu verlassen. Nicht auf Druck von aussen, wie sie betont. Sondern aus eigenem Antrieb: «Ich habe für mich entschieden. Das ist der Unterschied», sagt sie gegenüber SRF.
Schon während der Busfahrt Richtung Parlamentsgebäude wurde mir jeweils schlecht.
Sie habe zwei Jahre lang vergeblich um Anerkennung gekämpft, sagt Spiess-Hegglin. Bis zum Schluss sei sie gemieden und ausgegrenzt geworden – was ihr stark zusetzte.
«Schon während der Busfahrt Richtung Parlamentsgebäude wurde mir jeweils schlecht. Praktisch alle Ratskolleginnen und -kollegen waren mir gegenüber negativ eingestellt und liessen mich das auch spüren. Dafür habe ich schlicht keine Energie mehr.» Das Rücktrittsschreiben sei verfasst.
Druck aus allen politischen Lagern
Ende August 2015 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen Markus Hürlimann mangels Beweisen ein. Doch die beiden Akteure der sogenannten Zuger «Sex-Affäre» blieben weiterhin im medialen Rampenlicht. Und auch der politische Druck stieg.
«Die beiden Politiker liefern sich eine mediale Schlacht ohne Rücksicht auf das Ansehen des Kantons», schrieben die Zuger Kantonalparteien FDP, CVP, GLP und SP in einem offenen Brief. Sie forderten Spiess-Hegglin und Hürlimann auf, ihre Kantonsratsmandate niederzulegen.
Sogar Spiess-Hegglins eigene Partei war des Tumults überdrüssig. Spiess-Hegglin verliess darauf vor einem Jahr zwar die Fraktion, lehnte einen Rücktritt aus dem Kantonsrat aber weiterhin ab. Rückblickend sagt sie dazu: «Ich wollte einfach nicht, dass andere bestimmen, wann ich aufzuhören habe.»
Ich bin keine Schlampe. So einfach ist das!
Wie geht es nun weiter? «Mein Name ist bekannt. Das möchte ich für mein neues Projekt nutzen», sagt sie. Zusammen mit Irina Studhalter von den Jungen Grünen hat die dreifache Mutter den Verein «#NetzCourage» gegründet – eine Anlaufstelle für Mobbingopfer im Netz.
Spiess Hegglin ist seit dem Ereignis vor zwei Jahren nach wie vor Zielscheibe wüster Beschimpfungen. Mittlerweile zeigt sie die Verfasser hemmungsloser Hasskommentare an. «Das Wort Luder oder Schlampe kann schon mal 1300 Franken kosten – je nach Einkommen. Ich bin keine Schlampe. So einfach ist das!»
(Sendebezug: Radio SRF 2, 17 Uhr)