Blickt man vom Start am Klein Matterhorn die Rennstrecke hinab, sieht man das Ziel des Weltcuprennens in Zermatt nicht. Genauer gesagt liegt dieses nicht einmal in Zermatt, sondern im italienischen Cervinia.
Für die Organisation des Rennens bedeutet das nicht nur, dass die Fahrer während des Rennens eine Grenze überfahren, sondern weit mehr: zwei beteiligte Nationen, zwei Sprachen im Einzugsgebiet, zwei Mentalitäten und Arbeiterinnen und Arbeiter aus aller Herrenländer.
Wir waren von Anfang an immer offen, korrekt und ehrlich miteinander.
Eine herausfordernde Situation, aber keine unlösbare, sagt Marco Mosso, Vizepräsident des Weltcup-OK: «Wir haben es immer geschafft, uns gut zu verstehen. Von Anfang an waren wir immer offen, korrekt und ehrlich miteinander.»
Dem stimmt auch Christian Ziörjen zu. Er ist Geschäftsführer des Zermatter Weltcups. Eitel Sonnenschein sei es aber schon nicht immer gewesen, mit so vielen verschiedenen Sprachen. Gerade die Pistenarbeiterinnen und --arbeiter kämen nicht nur aus der Schweiz und Italien, sondern zum Teil sogar aus Amerika.
Wir sind Bergler. Unsere Kulturen ähneln sich stärker als es scheint.
«Im Funk hört man allerlei Sprachen: Deutsch, Italienisch, Englisch oder sogar Ladinisch»: Denn einige der Arbeitenden stammten aus dem Val Gardena in den Dolomiten und kommuniziere miteinander in dieser rätoromanischen Sprache.*
Was bei der Verständigung geholfen habe, sei die Mentalität, sagt Marco Mosso: «Wir sind alles Bergler. Unsere Kulturen ähneln sich stärker als es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Das war eine Stärke unserer Organisation.»
Doch nicht nur die sprachlichen Differenzen erschwerten die Arbeit des Organisationskomitees. Da war zum einen die Einsprache auf der Schweizer Seite. Diese ging Mitte Oktober bei der Baukommission des Kantons Wallis ein. Der Vorwurf: Ein Teil der Strecke lag ausserhalb des Skigebiets. Die Baukommission intervenierte und forderte die sofortige Einstellung aller unbewilligten Arbeiten, lehnte einen vollständigen Baustopp aber ab. Folgen für das Rennen gab es nach einer Besichtigung durch die Kommission nicht.
Es tut weh, dass Leute, die nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten, angefeindet werden.
Gross dazu äussern möchte sich Christian Ziörjen nun kurz vor dem Rennwochenende nicht mehr. Er sei enttäuscht von der Polemik, die es um das Rennen gegeben habe: «Es tut weh, dass die Leute, die nach bestem Wissen und Gewissen für das Projekt arbeiten, angefeindet werden. Jetzt ist die Sache grundsätzlich geklärt und wir können uns auf den Sport konzentrieren.»
Auch in Aosta hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet und auch dort wegen des Verdachts, dass Teile der Piste nicht im korrekten Perimeter seien. Marco Mosso schaut indes entspannt in die Zukunft: «Als Organisationskomitee sind wir sicher, dass wir zu jedem Zeitpunkt innerhalb der Normen, die uns gegeben wurden, gehandelt haben.»
Bei ihm herrsche jetzt die Freude über den Event vor, der so wichtig für die Region sei. Christian Ziörjen hingegen ist noch skeptisch: «Ich habe immer gedacht, dass ich mich riesig freuen werde. Jetzt überwiegt aber die Arbeit und ich werde mich wahrscheinlich erst freuen, wenn der erste Athlet über die Ziellinie fahren wird und alles von der Zeitmessung bis zum Wetter stimmt.»
Ziörjens Skepsis ist nicht unberechtigt. Nach dem Training vom Donnerstag wurde auch das Abschlusstraining vom Freitag aufgrund schwieriger Wetterverhältnisse abgesagt. Wirklich reibungslos läuft der Zermatter Weltcup also auch auf der Zielgeraden nicht.