Die neue Regierung in den USA wirkt disruptiv, wirft bestehende Gewissheiten über Bord und schüttelt die Welt durch. In der Ukraine tobt immer noch der Krieg, den Russland angezettelt hat. Europäische Staaten rüsten auf, machen sich kriegstauglich. Deutschland hat einen Regierungswechsel hinter sich. In Serbien gehen Hunderttausende in Aufruhr gegen die Regierung auf die Strassen. Im Nahen Osten wird gebombt und geschossen: Die Welt ist in Aufruhr.
In der Schweiz geht aber alles seinen gewohnten Gang – zumindest auf dem Wochenmarkt auf dem Berner Bundesplatz. Ziehen die Schockwellen der Welt an den Menschen am Markt vorüber? Oder verschliessen sie sich vor den Unruhen anderer Länder?
Der vordergründig zufriedene Käsehändler
Ein warm gekleideter Mann steht an seinem Marktstand. Er verkauft Käsespezialitäten und selbst gemachten Sirup. Er schaut zufrieden, freundlich. Doch was alles auf der Welt passiere, bereite ihm schon Sorgen, sagt er. «Das beschäftigt mich, auch wenn ich hier zufrieden und gemütlich bin.»
Sein Motto: Er lebe so, dass er zufrieden sei damit. Die Welt verändern könne er nicht, nur sein Umfeld. Er glaube an die Menschheit.
Die Kundin am Gemüsestand im Dilemma
Sie leide an der Schlechtigkeit dieser Welt, gesteht die Frau, die Rucola und Radieschen kauft. Zeitung lese sie kaum noch, es frustriere sie zu fest. Aber auf dem Wochenmarkt denke sie nicht an die Welt, sonst würde sie ihr verleiden.
Manchmal habe sie ein schlechtes Gewissen. Wir in der Schweiz würden wie die Maden im Speck leben. «Auf der anderen Seite bin ich froh, leben wir hier in solcher Sicherheit: ein Dilemma.»
Der optimistische Vater
Er sei ein Optimist, sagt ein junger Vater, der sein Kind im Wägelchen über den Bundesplatz schiebt. «Aber Optimismus ist anstrengend», sagt er. Es gehe jedoch nicht anders. Denn das sei das Benzin, um immer weiterzumachen.
Seinem Kind versuche er trotz des Tobens um uns, das Gute und das Glück dieser Welt zu zeigen.
Der humoristische Speckverkäufer
«Die Menschheit ist verrückt und wird immer verrückter.» Das sei unser Problem, sagt der bärtige Mann, der Schinken, Speck und Käse an seinem Stand verkauft.
Zum Glück seien wir gemütliche Kerle, sagt er und lacht laut. Und so lange das Geld der Welt in der Schweiz platziert sei, passiere uns auch nichts. Die Sonne steigt über das Dach der Nationalbank am Bundesplatz. Auf dem Markt wird es hell. «Die Sonne kommt», ruft der Verkäufer. Die Sonne komme immer. Und sei sie da, sei die Welt jeweils eine bessere.
Die achtsame Frühlingsbotenkäuferin
Eine Frau kauft am Blumenstand Frühlingszweige. Sie brauche Farbe, etwas Schönes. Denn die Welt beschäftige sie sehr. Betroffen, traurig, manchmal hoffnungslos sei sie. «Aber wir können uns nicht darin verschanzen.»
Aufrappeln müsse man sich, jeden Tag. Und es sei wichtig, sich das Leben so einzurichten, dass es uns Freude mache. «Deshalb kaufe ich Zweige, Blütenknospen.» Sie versuche sich und ihr Umfeld zu stärken, das sei wichtig. Denn Veränderung zum Guten könne sie nur bei sich und ihrem Umfeld leisten. Dass vieles in der Welt zusammenbreche, unsicher sei und wir hier in der Schweiz so sein könnten in allem, das bereite ihr Mühe. Aber: «Ich kann nur da etwas tun, wo es in meiner Macht liegt», sagt sie. Also hier.
Sie schätze es sehr, dass sie hier auf dem Bundesplatz in Bern einfach hingehen und einkaufen könne. Was wir hier in der Schweiz hätten, sei nicht selbstverständlich.