Nach über 120 Jahren ist Schluss: Grenchen schafft die Stadtpolizei auf Ende Jahr ab. Die Kantonspolizei übernimmt künftig die Aufgaben in der zweitgrössten Stadt im Kanton Solothurn. Das hat der Gemeinderat Anfang Februar deutlich entschieden. Die grösste Solothurner Stadt, Olten, hat die städtische Polizei bereits 2016 aufgelöst. Bald hat im Kanton nur noch die Hauptstadt Solothurn eine eigene Polizei.
«Es gibt uns nicht mehr», sagte der Kommandant der Stadtpolizei Grenchen am Abend des Entscheids. Er legte symbolisch seinen Badge auf das Rednerpult. «Die Kosten der Stadtpolizei belaufen sich pro Jahr auf 3.5 Millionen Franken. Bisher konnten wir das halten, aber jetzt vermögen wir das einfach nicht mehr», erklärte Ivo von Büren (SVP) den Ratsentscheid. Die Stadt verliere unter dem Strich nichts, sagten andere Gemeinderäte. Der Kanton übernehme ja die Polizeiaufgaben.
Jetzt vermögen wir eine eigene Polizei einfach nicht mehr.
Gemeinderat Patrick Zberg (GLP) wiederum bedauerte den Entscheid: «Ich bin nicht überzeugt, dass die Sicherheit der richtige Ort ist, um den Rotstift anzusetzen». Eine Volksabstimmung ist nicht vorgesehen. Es läuft aber noch eine Unterschriftensammlung, die verlangt, dass sich das Stimmvolk trotzdem noch zur Abschaffung der Stadtpolizei äussern darf.
Jeder Kanton macht es anders
Ist eine eigene Polizei teurer Luxus? Ein Blick auf andere Kantone zeigt, wie unterschiedlich die Polizeikorps aufgestellt sind.
Im Aargau gilt das duale Polizeisystem, mit einer Kantonspolizei und dezentralen Regionalpolizeien. Aber auch hier ist die Umstellung auf eine Einheitspolizei erneut ein Thema. Das zuständige Departement prüft seit dem Sommer 2021 im Auftrag des Regierungsrates die Einführung einer Einheitspolizei im Kanton. Auch eine Optimierung des bisherigen dualen Systems wird untersucht.
Seit ein paar Jahren hat zum Beispiel der Kanton Bern eine Einheitspolizei. 2008 hat er sein System umgestellt. Früher gab es in Biel, Burgdorf, Ostermundigen, Langenthal oder Münchenbuchsee Stadt- und Gemeindepolizeien. Schrittweise wurden sie integriert in «Police Bern», die Einheitspolizei des Kantons. Bei einer Umfrage im Jahr 2013 waren vier von fünf befragten Gemeinden zufrieden. Sie beurteilten die Einheitspolizei als gut oder zumindest als genügend, wie der bernische Regierungsrat damals mitteilte. Die Gemeinden wollten aber auch bei der Bewältigung von Littering und Lärm mehr Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten.
Die Polizeihoheit liegt bei den Kantonen, deshalb auch die unterschiedlichen Modelle. Die Einführung einer Einheitspolizei scheiterte 2009 im Kanton Waadt, 2001 im Kanton Zürich. Hier hielt man an den Stadtpolizeien Zürich und Winterthur fest. Im zergliederten Bergkanton Wallis hingegen haben 28 der gut 120 Gemeinden eine eigene Polizei. In Luzern wiederum schlossen sich 2009 die Kantonspolizei und die städtischen Polizeikorps zur Luzerner Polizei zusammen.
Mit dem Ende der Stadtpolizei von Grenchen wird es im Kanton Solothurn nur noch eine Stadtpolizei geben, jene der Hauptstadt Solothurn. Dort hält man an der eigenen Polizei fest. Man könne sich das leisten, hiess es wiederholt, so auch an der Solothurner Gemeindeversammlung 2017, welche die Abschaffung der Stadtpolizei deutlich abgelehnt hat.