Ein Wolkenbruch liess letzten Sommer blitzartig das kleine Immenbächlein in Riehen bei Basel überlaufen, was im Dorf zu Überschwemmungen führte. Auch verwüstet wurde ein Schopf des jungen Bauern Robin Fischer, dessen Hof weiter oben im Moostal steht.
Für mich als Landwirt ist primär wichtig, dass der Humus da bleibt, wo ich ihn gebrauchen kann.
Bei ihm löste dieses Ereignis ein Umdenken aus: Man müsste das Wasser doch bremsen und das Dorf schützen können, sagte er sich. Und «für mich als Landwirt ist primär wichtig, dass der Humus da bleibt, wo ich ihn gebrauchen kann.» Zumal Ernten auch bei Trockenheit kleiner ausfallen.
Genau diese Stossrichtung verfolgt das Projekt «Slow Water» des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft im Baselbiet in Kooperation mit dem Kanton Luzern. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet durch die Universität Basel und soll durch das Bundesamt für Landwirtschaft BWL finanziert werden. Robin Fischer nimmt daran teil.
Bodenerosion verhindern und Wasser im Boden zurückbehalten: So schlägt man zwei Klimawandel-Fliegen mit einer Klappe. Riehen ist eine von zwei Pilotregionen dieses Projektes.
Im Gebiet beim Immenbächlein seien früher viele kleinere Parzellen gewesen, erklärt Ebenrain-Leiter Lukas Kilcher. Mit der Zeit seien diese zu grossen Feldern zusammengelegt worden, die Landmaschinen gewachsen, Land mittels Drainagen trockengelegt und Bäche in Rohren unter dem Boden versenkt worden. So wollte man früher das Wasser schnell ableiten.
Slow Water ist eine 180-Grad-Umkehr des bisherigen Denkens.
Genau dies sei heute eben nicht mehr sinnvoll, sagt Kilcher: «Slow Water ist eine 180-Grad-Umkehr des bisherigen Denkens.» Heute müsse man Wasser zurückbehalten, mit sogenannten Retentionsmassnahmen. Schon oben im Wald wird dazu Bachwasser auf breite Flächen geleitet zum Versickern.
Weitere Massnahmen seien Hecken und Bäume, deren Wurzeln Wasser aufnehmen, und ein offenes Auffangbecken. Zudem könne man weiter unten den Bach wieder freilegen. «Slow Water» ist auf sechs Jahre angelegt und soll offiziell im kommenden Jahr starten.
Für das Projekt arbeiten Fachleute mit Bäuerinnen und Bauern zusammen – ohne deren Einverständnis geht es nicht. Das Freilegen des in Rohren vergrabenen Baches ist bei Landwirten im Riehener Moostal derzeit noch unbeliebt. Klicher hofft indes auf Lerneffekte aus Überschwemmungen, weil weggeschwemmte Ackerflächen auch Ernteverluste bedeuten.
Für Robin Fischer ist der Handlungsbedarf klar. «Ich bin noch nicht so alt und möchte meine Karriere als Landwirt durchziehen. Das bedeutet, es mit der Natur aufzunehmen, zu versuchen, miteinander statt dagegen anzukämpfen – das Wetter kann niemand beeinflussen.»
Er hat inzwischen seine Bewirtschaftung angepasst: Neben dem Maisfeld lässt er breite Grasstreifen unbebaut, damit Wasser abfliessen kann. Und er pflügt seinen Boden weniger tief um, sondern lockere nur die oberste Schicht vor der Aussaat, was mehr Feuchtigkeit darin behalte.