In Bundesbern reibt man sich die Augen. Was ist eigentlich mit dem Bundesrat los? Heute hat Aussenminister Ignazio Cassis in Davos vor Medien den starken Mann gegenüber Brüssel markiert. Thema waren die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU. Er habe bei seinem Treffen mit dem EU-Kommissar klar gesagt, was in der Schweiz alles überhaupt nicht gehe, sagte Cassis. Und es gebe keinen Zeitdruck.
Fünf Bundesräte – fünf Aussagen
Eine bemerkenswerte Wandlung. Gestern hatte der gleiche Cassis im Interview mit dem welschen Radio RTS noch ganz anders getönt. Nicht wie ein Bremser, sondern wie einer, der Gas geben will. Wenn man eine Lösung wolle, dann solle man vorwärtsmachen, «on y va!». «In den nächsten Monaten?», fragte der Reporter. «Noch dieses Jahr», antwortete Cassis.
Zwischen den beiden Cassis-Interviews war was. Ein anderes Interview. Eines von Finanzminister Ueli Maurer in der NZZ. Dort erklärte dieser heute, in absehbarer Zeit sei ein Rahmenabkommen nicht möglich. Jetzt tönt's bei den beiden Bundesräten also wieder ähnlich.
Aber war da nicht noch mehr? Ach ja, drei weitere Bundesratsmitglieder haben sich in den letzten Tagen zum Thema geäussert. Mal so, mal so: Bundespräsident Berset zweifelte an einem schnellen Durchbruch, in der NZZ am Sonntag. Bundesrätin Leuthard warb für eine Lösung noch 2018, gegenüber SRF, am Mittwoch. Und Bundesrat Schneider-Ammann sieht keinen Rahmenvertrag vor ein bis drei Jahren und dem Brexit, heute im Westschweizer Fernsehen.
Verwirrung innen wie aussen
Bundesrätliche Kakophonie total. Knapp eine Woche, bevor der Bundesrat eigentlich seine Haltung in dieser Frage festlegen wollte.
Wie bitte sollen das die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger verstehen? Und wie erst die EU? Auch dort liest und hört man Schweizer Medien.
Zusammenraufen jetzt!
Vor der Wahl des neuen Bundesrates Cassis war vor allem rechts der Mitte oft zu hören, wie wichtig es sei, endlich ein bürgerliches Bundesratsgremium zu bekommen, das auch mit einer Stimme spreche. Anfang Jahr plädierte auch der SP-Präsident dafür, sich in der Schweiz schnell auf eine klare Haltung zu einigen. Passiert ist das Gegenteil.
Nächsten Mittwoch hat der Bundesrat Gelegenheit, sich zusammenzuraufen. Wäre wenigstens danach eine klare Haltung erkennbar, wäre das nicht nur für die Öffentlichkeit wohltuend, sondern würde auch der Institution Bundesrat gut anstehen. Und den Verhandlungen mit der EU ganz bestimmt nicht schaden.